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In Katalonien bieten mehrere Numismatik-Shops spezielle Kollektionen an Euro-Münzen an. Legale Zahlungsmittel sind sie freilich nicht – dieses Privileg haben nur die offiziellen Münzen der Euro-Partnerländer – also etwa Spaniens.

Foto: Reuters / Albert Gea

Kataloniens Sezessionisten lassen sich offenbar durch nichts einschüchtern – weder von den harschen Warnungen zu Euro- und EU-Austritt seitens der Madrider Zentralregierung und der EU-Kommission noch vor jener zu eingeschränktem Bargeldverkehr ("Corralito"), den Spaniens Nationalbankdirektor Luis Maria Linde im Falle einer Abspaltung prophezeite, dann aber nur wenige Tage später als "doch unwahrscheinlich" revidierte.

Spaniens Unternehmerbundpräsident Juan Rosell (CEOE) warnte ebenso wie Handelskammerchef José Luis Bonet im Falle einer souveränen Republik Katalonien vor "höherer Arbeitslosigkeit und niedrigerem Lebensstandard" . All das – und selbst der in den Raum gestellte Stopp der Pensionszahlungen oder auch die Abwanderungsdrohungen von Großbanken wie Caixabank (Hauptaktionär der Erste Bank) oder der Banco Sabadell – lässt die Nationalisten kalt.

Nervosität bei Unternehmern

Die Ungewissheit über die Zukunft der abtrünnigen Region im Nordosten Spaniens schürt vielmehr unter den katalanischen Unternehmern Nervosität. "Mehr als tausend Klein- und Mittelbetriebe sind bis August dieses Jahres bereits abgewandert", sagte Kataloniens Unternehmerbundchef Josep Bou, der eine Wahlempfehlung für prospanische Listen abgab.

Einzelne Analysten, wie etwa von Barclays, erwarten ein hohes Risiko für einen Zahlungsausfall ("Default") der von Spanien getragenen katalonischen Schuldenlast im Falle einer Unabhängigkeit; und bereits einen deutlichen Anstieg der spanischen Risikospreads auf etwa 200 Basispunkte im Falle eines Sieges des Bündnisses für die Unabhängigkeit "Junts pel Si" (JPS) am Sonntag.

Beruhigungstour in Europa und USA

"Anleger sind wegen der politischen Risiken besorgt", unterstrich auch David Kerr, Geschäftsführer der internationalen Wirtschaftskanzlei Bird&Bird im Interview mit der Wirtschaftszeitung Expansión.

Noch weiter ging die Royal Bank of Scotland: Sie riet zum Verkauf von Banco-Santander-Aktien, "wegen des Katalonien-Risikos". Spaniens Wirtschaftsminister Luis de Guindos (Partido Popular) suchte daher zuletzt Investoren zu beruhigen und tourte eigens dafür nach New York und London.

"Schweiz des Südens"

Auf der anderen Seite beharren Kataloniens Unabhängigkeitsbefürworter darauf, dass sich ein souveräner Staat zu einer Art "Schweiz des Südens" oder "Dänemark des Mittelmeerraumes" mausern würde, wie der Politikwissenschafter und JPS-Kandidat Antoni Comín sagte. Freilich würde alles besser werden: Den Euro könnte man ohnehin weiterverwenden, wie etwa Andorra oder Monaco. Brüssel würde es auch nicht wagen, die mehrheitlich proeuropäisch eingestellten Katalanen aus der Union zu werfen, wie Präsident Artur Mas und JPS-Spitzenkandidat Raül Romeva gebetsmühlenartig wiederholen.

Unbestrittenermaßen hat Katalonien Gewicht: Etwa 200 Milliarden Euro, knapp ein Fünftel des spanischen Bruttoinlandsproduktes, werden hier von etwa 7,5 Millionen Einwohnern erwirtschaftet. Das Pro-Kopf-Einkommen liegt mit fast 27.000 Euro jährlich ebenso deutlich über dem landesweiten Durchschnitt von 22.780 Euro.

Tourismus und Industrie topp

Beim Tourismus, dem Wachstumsmotor per se, ist Katalonien die treibende Kraft: Mehr als 16,8 Millionen Reisende besuchten 2014 die Region (Spanien: rund 65 Millionen) – auch dank Barcelonas Städte-, Kultur- und Kongresstouristen abseits der Massen an Sonnenhungrigen.

Die starke Industrie – unter anderem mit dem Seat-Werk in Martorell mit mehr 15.000 Angestellten sowie mit 45.000 weiteren in Zulieferbetrieben Beschäftigten oder die Textilindustrie (etwa das Label Mango) – sorgte zudem für knapp ein Viertel der gesamtspanischen Exporte 2014 mit einem Volumen von mehr als 60 Milliarden Euro. Es war nicht zuletzt der faschistische Ex-Diktator Francisco Franco, der wichtige Industriezentren nach Katalonien und ins Baskenland verlegen ließ. (Jan Marot aus Granada, 26.9.2015)