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Serbische Polizeibeamte überwachen die Zollstation nahe der Grenze zu Kroatien bei Batrovci. Der Grenzstreit zwischen den beiden Nachbarländern eskalierte am Donnerstag.

Foto: AP Photo/Darko Vojinovic

Das ist Rassismus", sagte Serbiens Arbeitsminister Aleksandar Vulin. Er warf Kroatien vor, die Grenzen zuerst für Lkws, die aus Serbien kommen, und danach für alle Fahrzeuge mit serbischen Kennzeichen und alle serbischen Staatsbürger gesperrt zu haben.

Kroatiens Innenminister Ranko Ostojic bestätigte, dass Fahrzeuge mit serbischen Kennnummern nicht nach Kroatien hineingelassen werden, dementierte jedoch, dass Personen mit serbischer Staatsbürgerschaft nicht nach Kroatien einreisen dürften. Kroatien habe lediglich auf "unerhörte" Gegenmaßnahmen Serbiens mit legitimen kroatischen Maßnahmen reagiert, den gewaltigen Flüchtlingsstrom ins Land zu reduzieren.

Der Streit zwischen Belgrad und Zagreb über Flüchtlinge ist gekennzeichnet von gegenseitigen Vorwürfen, Ultimaten, Drohungen, Necken und Frotzeln, Trotzreaktionen und Starsinn. Niemand will nachgeben, niemand will innenpolitisch Schwäche zeigen. Es handelt sich um Nachbarstaaten, die sich zwanzig Jahre nach Kriegsende immer noch gegenseitig die schlimmsten Kriegsverbrechen vorwerfen. Die Folge: geschlossene Grenzen, unter denen die Bürger und die Wirtschaft leiden.

Ultimatum an Kroatien

Das Problem zeichnete sich spätestens am 15. September ab, als Ungarn seine Grenze zu Serbien hermetisch abriegelte und die Anzahl der Flüchtlinge nach Ungarn drastisch reduzierte. Der gewaltige Flüchtlingsstrom, der über Griechenland und Mazedonien nach Serbien zieht, konnte nicht weiter nach Deutschland. An manchen Tagen kamen bis zu 10.000 Flüchtlinge nach Serbien. Um eine "humanitäre Katastrophe" im eigenen Land zu verhindern, organisierte Serbien den Transport der Flüchtlinge direkt von der mazedonischen zur Grenze mit Kroatien. Auch Flüchtlinge, die an der serbisch-ungarischen Grenze stecken geblieben sind, begaben sich in Richtung Kroatien.

Mit der Begründung, die Anzahl der Flüchtlinge reduzieren zu wollen, sperrte Zagreb seine Grenzen für Lkws aus Serbien. Belgrad stellte Zagreb ein Ultimatum: Wenn die kroatische Regierung nicht die bis Mittwoch um Mitternacht die Grenzen öffnet, würde Belgrad mit Gegenmaßnahmen antworten. Zagreb spottete darüber, doch Belgrad sperrte in der Nacht auf Donnerstag seine Grenzen für Fahrzeuge mit kroatischen Kennzeichen, alle Fahrzeuge und Schiffe mit Waren aus Kroatien und kroatische Züge. Danach sperrte Zagreb seine Grenzen für alle Fahrzeuge mit serbischen Kennzeichen. Entrüstete Lkw-Fahrer blockierten aus Protest ihrerseits die Grenzübergänge.

Forderung an Serbien

Die Maßnahmen Serbiens seien "lächerlich", erklärte Kroatiens Ministerpräsident Zoran Milanovic. "Wir werden einen kleinen Schaden davontragen, sie aber einen großen", sagte Milanovic. Außerdem fügte der Pemier hinzu, dass er die Grenzen öffnen würde, wenn Serbien die ankommenden Flüchtlinge von 9000 auf 4000 bis 5000 Menschen reduzieren würde.

Sein Innenminister Ostojic erkärte, Kroatien werde die Grenzen für serbische Fahrzeuge erst öffnen, wenn Serbien die Flüchtlinge, die aus Mazedonien nach Serbien kommen, zum serbisch-ungarischen Grenzübergang Horgos transportiert. Serbiens Regierungschef Aleksandar Vucic konterte, dass man gezwungen gewesen sei, auf die Wirtschaftsblockade zu reagieren. Serbien werde den Personenverkehr nicht blockieren, alle Kroaten seien willkommen.

Während sich die Lage zwischen Belgrad und Zagreb zuspitzt, richtete der EU-Kommissar für Europäische Nachbarschaftspolitik, Johannes Hahn, den beiden Regierungen aus, dass die gegenseitige Schließung der Grenzen keine Lösung sei. Währenddessen stecken immer mehr Flüchtlinge in Serbien fest. (Andrej Ivanji aus Belgrad, 24.9.2015)