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Dass Strom zunehmend grün wird und fossile Energien auf dem Rückzug sind, scheint fix. Wie Stromfirmen künftig Geld verdienen, ist offen.

Foto: AP/Weihrauch

Fuschl – Die Energiewirtschaft steht Kopf. Nicht nur in Österreich, in ganz Europa ist die Strombranche spätestens mit dem Schwanken solcher Kolosse wie Eon und RWE aus den Tagträumen erwacht, in denen sich so manches Vorstandsmitglied der überwiegend in öffentlichem Eigentum stehenden Stromversorger die Welt schönzumalen versucht hat.

Die Liberalisierung der Strommärkte Anfang des Jahrtausends zeigt in Kombination mit anderen Ereignissen jetzt von vielen so nicht für möglich gehaltene Wirkung. Zu diesen anderen Ereignissen zählt etwa die Atomkatastrophe von Fukushima und der hernach angekündigte Totalausstieg Deutschlands aus der Kernenergie. Dazu zählt aber auch der deutlich rascher als ursprünglich erwartete Ausbau der erneuerbaren Energien. Und eine Verhaltensänderung insgesamt.

Anbieter wechseln schmerzt nicht

Selbst in Österreich, wo die Treue der Stromkunden ihren Stammlieferanten gegenüber besonders stark war, sind inzwischen auch ängstlichere Naturen draufgekommen, dass ein Wechsel zu einem günstigeren Anbieter nicht schmerzt, einfach geht und auch das Licht nicht erlischt. Zugleich drängen neue Anbieter auf den Markt. Quereinsteiger verstehen zwar mitunter wenig bis nichts von der Stromproduktion, sind dafür umso mehr in Marketingfragen firm und im Kundenservice ausgesprochen gut. Von der Stromproduktion müssen sie auch nichts verstehen; Strom gibt es genug, als Händler kann man sich mit elektrischer Energie billig an der Börse eindecken.

Die angestammten Stromversorger wissen, dass sie sich bewegen müssen. Mit den althergebrachten Methoden – eine Kilowattstunde Strom verkaufen und Schluss – wird das Werkl eher kurz als lang zum Stillstand kommen. Beim diesjährigen Stelldichein der Branche "Energy 2050" am Fuschlsee hatte man durchaus den Eindruck, dass diese Erkenntnis inzwischen breit gesickert ist: Die Stimmung war verhalten optimistisch. Und dennoch – Aufbruch sieht anders aus.

Neue Geschäftsmodelle gesucht

Dabei sind die Rahmenbedingungen für Strom produzierende und mit Strom handelnde Unternehmen gar nicht schlecht. Der Energieverbrauch wird sich Prognosen zufolge bis 2050 etwa verdoppeln; der überwiegende Teil wird aus erneuerbaren Quellen stammen, fossile Energien werden zwar nicht ganz von der Bildfläche verschwinden, aber einen immer kleineren Anteil am Gesamtaufkommen haben. Sollte es mit der schon lange vorhergesagten Fusionstechnologie tatsächlich klappen, könnte das fossile Zeitalter Ende des Jahrhunderts Geschichte sein, wie der Trendforscher Ray Hammond vorhersagt.

Wie dem auch sei, die Strombranche ist wie zuvor schon die Musikindustrie (Stichwort: Streaming) oder aktuell die Medienbranche dazu verdammt, neue, tragfähige Geschäftsmodelle zu entwickeln. Noch stochern alle im Nebel und sammeln mittels Versuch und Irrtum Erfahrungen. Der Verbund etwa versucht, mit seinem "Eco Home" und intelligenten Lösungen für den Haushalt Punkte zu sammeln. Wien Energie hat ebenfalls ein Innovationsteam abgestellt, das Kundenwünsche identifizieren und passende Produkte kreieren soll – nicht zuletzt, um die Kunden wieder enger an das Unternehmen zu binden.

Die Suche nach dem passenden Stecker hat gerade erst begonnen. Wer zu spät kommt, den bestrafen wahrscheinlich die Kunden. (Günter Strobl, 25.9.2015)