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Flüchtlinge gehen zu ungarischen Bussen, nachdem sie aus Kroatien angekommen sind.

Foto: EPA/ZOLTAN BALOGH

András Siewerts Telefon läutet seit drei Wochen Sturm. Der Deutsche koordiniert die Helfer der Bürgerinitiative "Migration Aid". "Die Situation ändert sich stündlich", sagt Siewert am Donnerstag dem STANDARD. Etwa 10.000 eintreffende Menschen – so viele wie nie zuvor – hatte die ungarische Polizei am Mittwoch an der Grenze zu Kroatien gezählt.

Die meisten Flüchtlinge kommen mit kroatischen Bussen zur Grenze und werden von Zákány oder Beremend aus mit Zügen weiter nach Hegyeshalom befördert. Für Tausende heißt es aber erst einmal warten, denn Nickelsdorf kann nicht so viele Züge aufnehmen, wie Flüchtlinge in Ungarn ankommen. Viele warten sechs bis acht Stunden bei der Polizeikontrolle an der Grenze oder vor den Zügen", berichtet Siewert über die Lage vor Ort.

Schlagabtausch bei EU-Gipfel

Die Stimmung zwischen Ungarn und seinen Nachbarländern bleibt indes angespannt. Am Mittwochabend drohte der ungarische Premier, die Grenze zu Kroatien komplett abzuriegeln. Wenn Griechenland es nicht schaffe, die EU-Außengrenze zu schützen, müssten dies die anderen EU-Länder übernehmen, so Orbán in Brüssel. Beim EU-Gipfel hätte es Medienberichten zufolge zwischen ihm und Bundeskanzler Werner Faymann eine "energiegeladene Diskussion" zu Ungarns Zaun zu Kroatien gegeben.

Dies bestätigte auch EU-Ratspräsident Donald Tusk. Der Grenzzaun würde die Flüchtlinge "ganz offensichtlich an der Einreise nach Ungarn" nicht hindern, so Faymann in einer Aussendung am Donnerstag. "Wenn wir die Migranten nur mittels eines Zaunes stoppen können, dann sollten wir sie lieber durchlassen", ließ Orbán über die Medien ausrichten. Am Freitag wird er in Wien Faymann und ÖVP-Chef Reinhold Mitterlehner treffen. Ein zunächst angekündigtes Treffen mit Heinz-Christian Strache wurde am Donnerstagabend von der ungarischen Botschaft dementiert.

Ungarn hält weiter an seinen Zaunbau-Plänen entlang der kroatischen Grenze fest – und beginnt mit dem Bau eines Zauns an der Grenze zu Slowenien. András Siewert und die freiwilligen Helfer vor Ort planen daher bereits den Aufbau neuer Lager . "Wir befürchten eine ähnliche Situation wie in Röszke", so Siewert. Viele Menschen würden dann die Flucht über den Grenzfluss riskieren. Gerade bei kalten Temperaturen würde dies "problematisch" werden. (Daniela Neubacher aus Budapest, 24.9.2015)