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Ihn warf nicht so schnell etwas vom Sessel: der frühere Notenbank-Gouverneur Klaus Liebscher.

APA/HERBERT NEUBAUER

Wien – Er leitete die Oesterreichische Nationalbank (OeNB) zwischen 1998 und Herbst 2008 – und somit in der heißen Zeit der Hypo: Klaus Liebscher. Am Donnerstag war der Exgouverneur und heutige Chef der staatlichen Bankenholding Fimag Zeuge im parlamentarischen Hypo-U-Ausschuss – und er erlaubte den Mandataren einen tiefen Blick in die Aufsichtstätigkeit der Notenbank.

Kurz zur Einordnung: 2006 waren in der Hypo die 2004 angefallenen Swapverluste aufgeflogen, 2007 wurde die Mehrheit an die BayernLB verkauft, Ende 2008 bekam die Bank 900 Mio. Euro Partizipationskapital vom Staat, 2009 wurde sie verstaatlicht. In der OeNB-Ära Liebscher setzte es einen kritischen Prüfbericht nach dem anderen: 2001, und zwischen 2004 und 2008 jährlich einen. Im Bericht von 2006 waren vier Gesetzesverletzungen festgehalten, in jenem von 2007 insgesamt 13.

Aufsicht ohne Zähne

Liebscher, der ohne Vertrauensperson gekommen war, verteidigte die OeNB als letztes Glied in der Kontrollkette von Banken. Sie komme erst nach interner Kontrolle, Aufsichtrat und Wirtschaftsprüfer – und die Aufsicht habe damals nicht viele Möglichkeiten zum Einschreiten gehabt. Die aber habe sie genützt, "die Aufsicht hat nicht weggeschaut und nicht vertuscht".

Trotzdem räumte der 76-Jährige wenig später ein, er habe "sicher nicht alle Prüfberichte der Aufsicht gesehen". Was die Abgeordneten naturgemäß zu weiteren Nachforschungen animierte. Was er denn nach Vorlage des Prüfberichts 2007 mit seinen massiven Kritikpunkten zu Themen wie Eigenkapital, Risiko oder Kreditvergabe unternommen habe, wollte Werner Kogler von den Grünen wissen. Doch Liebscher winkte ab. Den Bericht habe er "bis heute nie gesehen. Ich kenne ihn nicht, ich stehe auch nicht auf dem Verteiler", ergänzte der frühere Notenbankchef. Ein Wortgefecht war die Folge, gepunktet hat der selbstbewusste Exbanker nicht. Liebscher auf die Frage, ob ihn denn die Entwicklung der Hypo "nicht interessiert" habe: "Interessieren kann man sich für viel im Leben." Erst viel später rang er sich zu einem "Sehr wohl habe ich mich für die Hypo interessiert" durch.

Der Sukkus aus der kritischen Befragung Liebschers: Gelesen habe er jene Berichte, bei denen er "auf dem Verteiler stand und die, die mir zur Kenntnis gebracht wurden". Welche wurden ihm zur Kenntnis gebracht? "Die, bei denen ich auf dem Verteiler stand." Sogar dem Führungsgremium der Notenbank, dem Direktorium, wurden die Probleme der Banken laut Liebscher nur "gelegentlich" berichtet. Da habe es "Chinese walls" gegeben, "damit nicht Details aus der Bankenaufsicht im Haus bekannt werden". Den OeNB-Chefs seien die Hypo-Probleme daher "nicht in ihrer Tiefe bekannt gewesen".

Während sich Team-Stronach-Mandatar Robert Lugar der Vergleich aufdrängte, die "OeNB war ein Bewegungsmelder, der dann nichts gegen die Bewegung tat", vermittelte Liebscher ein anderes Bild. Die Aufsicht in der OeNB sei "damals ein klassischer Fact-Finder gewesen, der die Fakten dann an die FMA weitergeben hat". Eine Art Aufsichtsstaffellauf, der im Fall Hypo Alpe Adria schlecht geendet hat.

Wobei Liebscher auch mit der Ansicht aufhorchen ließ, dass andere Banken auch nicht viel geringere Probleme hatten als die Kärntner Landesbank bis 2006. Allerdings dürfte den Ex-Raiffeisenbanker überhaupt nicht viel erschüttern können.

Nicht aus dem Sessel gekippt

Wie er reagierte, als Hypo-Wirtschaftsprüfer Erich Kandler die OeNB von seinem Verdacht informierte, dass die Bankchefs Wolfgang Kulterer und Günter Striedinger Kickbacks bezogen hätten? "Dass so etwas vom Wirtschaftsprüfer kommt, war ungewöhnlich. Aber mich persönlich hat das nicht aus dem Sessel geworfen. So was habe ich mehrmals erlebt." Der Verdacht hat sich, wie berichtet, nicht erhärtet. Heute ermittelt der Staatsanwalt, die Ex-Hypo-Banker bestreiten die Vorwürfe.

Am Nachmittag gab es dann eine Aussprache zwischen den Abgeordneten, Finanzminister Hans Jörg Schelling und dem Heta-Vorstand. Die Mandatare beklagen, dass die Hypo-Abwicklungsgesellschaft kaum Akten liefert. Selbige ist gesetzlich nicht zur Lieferung verpflichtet und beruft sich zudem auf laufende Verfahren und das Bankgeheimnis. Nach der Aussprache im Parlament kündigte die Heta zwar an, Akten zu liefern – aber geschwärzte. "Die Heta muss aufgrund der bestehenden gesetzlichen Verpflichtung alle Bankgeheimnis-relevanten Informationen vor der Weitergabe abdecken", hieß es in einer Aussendung.

Der U-Ausschuss könnte sich also bald wieder an den Verfassungsgerichtshof wenden, wie er das wegen der Aktenschwärzungen schon einmal getan hat.

(Renate Graber, 24.9.2015)