Bild nicht mehr verfügbar.

Wie Pflege in Österreich künftig organisiert sein soll, darüber wird aktuell rege diskutiert.

Foto: APA/Barbara Gindl

Wien – Seit die Novelle des Gesundheits- und Krankenpflegegesetzes im Juli in Begutachtung gegangen ist, hagelt es Kritik daran. Die reicht von der fehlenden Berücksichtigung der Langzeit- und Behindertenpflege über den bis 2024 angesetzten Übergangszeitraum bis zu Befürchtungen, die neue, dreigliedrige Ausbildung werde zu Qualitätsverlusten führen.

Was der Gesetzesentwurf vorsieht: Pflegekräfte sollen ihre Qualifikationen künftig in drei Professionalisierungsstufen erwerben. Pflegehilfen lernen wie bisher ein Jahr dafür, dürfen sich künftig aber Pflegeassistenz nennen, die künftig auch Blutabnahmen durchführen kann – bisher Arztsache. Gruppe zwei, die Pflegefachassistenzen, besucht zwei Jahre lang eine Pflegefachschule. Neu sind die Anforderungen für den gehobenen Pflegedienst: Wer hier arbeiten will, muss künftig akademisch gebildet sein. Entsprechende Fachhochschul-Studiengänge gibt es bereits, sie sollen ausgebaut werden.

Sorge um Qualifikation

Bei den Stellungnahmen zum Gesetzesentwurf kommt häufig der Einwand, dass der Beruf der Pflegeassistenz vor allem aus Spargründen geschaffen wurde. Von den Salzburger Landeskliniken heißt es dazu: "Zu den bestehenden 30 Berufsbildern wurde ein weiterer Gesundheitsberuf eingeführt." Das Tätigkeitsprofil sei unklar, das führe zu einer höheren Unzufriedenheit und zu mehr Krankenstandstagen. Das sei bereits beim Beruf der Pflegehilfe sichtbar.

Der Hauptverband hingegen kritisiert, dass die Pflegefachassistenz die gleichen Kompetenzen zugeschrieben bekommen wird wie derzeit die diplomierte Krankenpflege, obwohl sie weniger qualifiziert sei. Insgesamt werde dadurch weniger qualifiziertes Personal Patienten direkt betreuen.

Die Ärztekammer hat Befürchtungen in die andere Richtung: Das Pflegepersonal erhalte zu viele Kompetenzen bei Notfällen, in der medizinischen Diagnostik und in der Therapie. Diese Ausweitung der Kompetenzen müsse in der Ausbildung in einer vorgegebenen Zeit erlernt werden.

Furcht vor Mehrkosten

Der Gemeindebund sowie die Bundesländer Salzburg und Steiermark äußern die Befürchtung, dass der Gesetzesentwurf unabschätzbare Mehrkosten für sie berge. Sie haben deshalb den "Konsultationsmechanismus" ausgelöst. Jetzt muss das Gesundheitsministerium mit ihnen Verhandlungen über Finanzfragen führen, einen Termin gibt es noch nicht. Auch die Verhandlungen in Sachen Langzeit- und Behindertenpflege gehen in eine neue Runde, heißt es auf STANDARD-Anfrage. Einen Zeitplan, bis wann das Gesetz beschlussreif sein soll, gibt es noch nicht.

Dass man zu einigen Änderungen am Entwurf bereit ist, hat das Ministerium bereits signalisiert. Etwa bei der Verordnungskompetenz für Heilbehelfe, einer Forderung, die fast in jeder Stellungnahme für Pflegekräfte auftaucht.

Demoaufruf von Ärzten und Pflegern

Manche wollen an die große ministerielle Beweglichkeit nicht so recht glauben. Am 5. Oktober planen Ärzte und Pfleger, gemeinsam zu demonstrieren. Care Revolution und die Ärztegewerkschaft Asklepios rufen unter dem Motto "Das Gesundheitssystem ist am Limit" zum Protest auf. "In den Wiener Krankenhäusern arbeiten Pflegekräfte maximal sieben Jahre, viele erleiden ein Burnout oder sind im Dauerkrankenstand", sagt Florian Toifl von Care Revolution zum STANDARD.

Dass man noch mitten in den Verhandlungen steckt, ist für Toifl genau der richtige Zeitpunkt, um Forderungen zu deponieren und "Druck auszuüben": 30 Prozent mehr Personal und mehr Gehalt, weil Pflegekräfte auch Tätigkeiten ausüben sollen, die bisher von Ärzten übernommen wurden. Das war zwar schon länger Teil ihrer Ausbildung, nur umgesetzt wurde das an den wenigsten Krankenhäusern.

Was sich relativ leicht umsetzen ließe und einigen offenbar ein Anliegen ist: die Wahl der Begrifflichkeiten im Gesetzesentwurf. Das St.-Anna-Kinderspital regt an, statt von "Pflegepersonal" von "Angehörigen der Gesundheits- und Krankenpflegeberufe" zu sprechen. Die Vereinigung der Pflegedirektorinnen und Pflegedirektoren Österreichs möchte ärztliche "Anordnungen" lieber als "Delegationen" bezeichnen, weil: keine Vorgesetztenstellung.

Der ebenfalls häufig geäußerte Wunsch nach einer weiteren möglichen Spezialisierung etwa bei Demenzerkrankungen soll zudem ohne vorherige Beratung durch den Arzt möglich sein. Andere stoßen sich an Grundsätzlichem: Die Österreichische Palliativgesellschaft ist etwa alarmiert, weil die Unterrichtseinheiten zum Erwerb von palliativen Kompetenzen auf "knapp 27 Prozent" sinken sollen. (Marie-Theres Egyed, Karin Riss, 25.9.2015)