Ist der Autor, die Autorin oder die Agentur des Beitrags angegeben? Bei weniger als fünf Prozent der orf.at-Artikel ist das laut Studie der Fall.

Foto: Screenshot / orf.at

Urhebertransparenz.

grafik: RTR

Wien – Es kommt nicht oft vor, dass orf.at hinter dem Fellner-Portal oe24.at liegt. Bei der im Auftrag der Rundfunk und Telekom Regulierungs-GmbH (RTR) erstellten Qualitätsstudie ist das allerdings der Fall. Sie stellt dem Onlineangebot des ORF in einem Punkt ein schlechteres Zeugnis aus als oe24.at: Urhebertransparenz – derStandard.at berichtete. Der Grund? Das größte Onlinemedium des Landes "verzichtet" bei den meisten Meldungen darauf, am Ende des Beitrags auf die Quelle hinzuweisen.

Laut der Untersuchung ist bei weniger als fünf Prozent der Artikel auf orf.at ersichtlich, wer der Urheber ist (Grafik links) – also ob etwa Nachrichtenagenturen als primäre Informationslieferanten dienen oder andere Quellen angezapft werden. Ob sich das nach der Kritik ändern wird, lässt Gerald Heidegger, Chefredakteur von orf.at, im Gespräch mit dem STANDARD offen. Die Ergebnisse der Studie würden diskutiert, sie müssten aber nicht zwangsläufig zu mehr Transparenz führen, denn: Welcher Nachrichtenagenturen sich orf.at bediene, stehe ohnehin im Impressum.

Größtes Medium

Userbeschwerden, dass Artikel von Nachrichtenagenturen als Eigenleistungen verkauft würden und dass es mehr Transparenz brauche, gebe es nicht, betont Heidegger. orf.at ist das mit Abstand meistfrequentierte Onlinemedium in Österreich. Laut Zahlen der Österreichischen Webanalyse (ÖWA) kommt das orf.at-Dachangebot – also mit Seiten wie fm4.at und oe3.orf.at – im August auf über 64 Millionen Visits.

Pro Tag werden auf orf.at bis zu 300 Meldungen veröffentlicht, schätzt Heidegger. Ein Viertel bis ein Drittel der Artikel basiere auf Eigenrecherche – Tendenz steigend, so der Redaktionsleiter –, je nachdem, wie stark die Redaktion besetzt sei. Viele Meldungen würden permanent gedreht und im Laufe eines Tages von mehreren Redakteuren bearbeitet, deswegen sei es schwierig, am Ende des Artikels immer die Quelle anzugeben, argumentiert er. Dass es sich um einen Artikel einer Nachrichtenagentur handelt, ist dann nicht ersichtlich, also ob die APA, Reuters, AFP oder wer auch immer dahintersteckt.

Quellen sind transparent

orf.at-Redakteure würden versuchen, die Quelle bereits in der Meldung selbst auszuweisen, indem etwa geschrieben werde "sagte er zur APA" oder "wie Reuters berichtet". In puncto Quellentransparenz, also wie viele Quellen genannt werden, schneidet orf.at dann auch viel besser ab. Das Portal liegt bei der Studie mit dem Namen "Qualität des tagesaktuellen Informationsangebots in den österreichischen Medien" hinter derStandard.at und kurier.at auf Platz drei.

Unter die Lupe genommen wurden bei der Untersuchung im Jahr 2014 Medien an 24 zufällig ausgewählten Tagen. Hätten die Autoren Tage des Jahres 2015 analysiert, wäre das Resultat ein anderes gewesen, sagt Heidegger. In der Zwischenzeit gebe es mehr namentlich gezeichnete Artikel. Auch die Tickermeldungen bei Liveberichten würden vermehrt mit Kürzeln der ORF-Redakteure versehen. Anders als die Nachrichten auf orf.at werden bei den Subseiten science.orf.at und religion.orf.at am Ende des Artikels Urheber ausgewiesen. Etwa science.orf.at/dpa oder religion.ORF.at/AFP.

Studienautoren mahnen

Nach Mediengattungen aufgeschlüsselt liegt bei der Urhebertransparenz Print vor Fernsehen. In dem Bericht kritisieren die Studienautoren Onlinemedien – nicht generell, aber im Speziellen: "Hier ist es wenig verständlich, die Urheberschaft eines Artikels geheim zu halten", heißt es. Die Auswertung zeige, dass zwei von fünf untersuchten Medien für das schlechte Ergebnis verantwortlich seien: nämlich orf.at und oe24.at. "Eine Fortsetzung dieser Praxis würde angesichts der steigenden Bedeutung von Online-Medien für die Informationssuche gerade in der Altersgruppe der unter 40-Jährigen einen Verlust an Transparenz und damit an Qualität bedeuten." (Oliver Mark, 25.9.2015)