Sophie Bird Mollers Soloshow bescherte Martin Asbaek den mit 5000 Euro dotierten und von der Wirtschaftskammer verliehenen International Gallery Prize.

Foto: viennacontemporary/A. Murashkin

Die in der Nacht auf Mittwoch an der Backsteinmauer der Marx-Halle hinterlassene und an das Establishment adressierte Botschaft ist in aller Munde, der Verfasser (noch) unbekannt.

Foto: Kronsteiner

Klassisches Spektrum für versierte und junge Sammler bei der Galerie Nächst St. Stephan: im Vordergrund Sitzmöbel-Skulpturen von Sonia Leimer (4200 Euro), im Hintergrund ein klassisches Großformat von Herbert Brandl aus der Sulm-Serie (75.000 Euro).

Foto: viennacontemporary/A. Murashkin

Wien – "Meyer Kainer ignoriert mich Ropac sowieso Hilger auch" – diese Botschaft eines anonymen Vandalen an der Backsteinmauer der Marx-Halle ist seit Mittwoch in aller Munde. War es ein Künstler? Wenn, dann ein vom Establishment Übergangener. Genannte sind nämlich unter den dort anwesenden Galerien der Viennacontemporary, womit die Messeorganisatoren als Täter ausscheiden.

Vielleicht war es ja der neue Veranstalter der Viennafair, frustriert, weil er dieses Trio nicht zu einer Teilnahme bewegen konnte? Scherz beiseite, dem Vernehmen nach wirbt der mit Rabatten von bis zu 70 Prozent eifrig für "seinen" Event (8.-11. 10., Messe Wien).

Zwei Kunstmessen innert zweier Wochen sind, gemessen an der wirtschaftlichen Situation, in Wien eher eine zu viel: Die Zahl jener, die zeitgenössische Kunst kaufen, ist verglichen mit anderen Branchen überschaubar. Überleben wird jene, die sich inhaltlich im weltweiten Messezirkus behauptet, weil sie international sowohl Aussteller als auch Käufer zu locken versteht.

Und da haben Christina Steinbrecher-Pfandt (künstlerische Leiterin) und Dmitry Aksenov (Vorsitzender) die besseren Karten: Denn der Schwerpunkt auf Ost- und Südeuropa (heuer Bulgarien) ist jener Bonus, den es zusätzlich zum hochwertigen Repertoire der Aussteller braucht. Dazu kommen noch die etablierten Begleiter, die zeitgleiche Parallel Vienna (Alte Post, Dominikanerbastei) und das zeitnahe Galerienprojekt curated-by (bis 17. 10.).

Für Steinbrecher-Pfandt war der international ungünstige Oktobertermin stets der größte Knackpunkt. Der September, ein Kongressmonat, stand für Reed-Messe aber nicht zur Debatte. Also zog man die Konsequenz, wechselte Standort und Namen. Letzteres, da Reed Inhaber und Lizenzgeber der Marke Viennafair ist. Die jährliche Gebühr von etwa 60.000 Euro wollte Aksenov offenbar nicht berappen, denn tatsächlich ist die Lizenz STANDARD- Recherchen zufolge an keinen Standort gebunden. Einerlei.

Sudern über Vergangenes war bei der Preview (7500 Besucher) vergessen. Die Champagnerlaune blieb aber eine redensartliche, es sei denn, man kämpfte sich bis zu einer der beiden Labstellen am Ende der Halle durch. Stimmung, Reservierungen und Verkäufen tat dies keinerlei Abbruch.

Die hier offerierte Kunst gibt es in unterschiedlichen Preisklassen, selbst in der für Einsteiger verträglichen um die 1000 bis 2500 Euro. Denn die nächste Generation von Sammlern wird hier ebenso qualifiziert bedient wie die versierten. 2500 Euro kostet etwa eine der 36 Collagen von Sophie Bird Moller, mit der Debütant Martin Asbaek (Kopenhagen) seinen prämierten Stand "pflasterte". Da gilt es flott zu entscheiden, bevor jenes Museum zuschlägt, das einen Komplettankauf (60.000 Euro) in Erwägung zieht.

Bei der Galerie nächst St. Stephan reicht das Spektrum von 4200 (Sonia Leimer) bis zu 75.000 Euro für Herbert Brandls Leinwandepos aus der Sulm-Serie.

Der Auftakt verlief für die Mehrheit zufriedenstellend, sieht man von Missverständnissen ab, die nur im Kunstbusiness möglich sind. Etwa wenn, wie bei Artelier Contemporary (Graz), ein realer Putztrupp für eine Performance gehalten wird.

Zu den Zufriedenen gehört jedenfalls Michael Schultz (Berlin), der ein Bergsee-Großformat der Koreanerin SEO für 71.000 Euro an eine renommierte heimische Privatsammlung und Feng Lus Kleinskulptur Päpstin (9000 Euro) an ein Berliner Privatmuseum abtrat. Die obligate Gerhard-Richter-Trophäe, ein Kleinformat für wohlfeile 550.000 Euro, ist noch zu haben.

Der neuen Location streut Schultz Rosen. Sie sei ein absoluter Gewinn, ebenso der neue Termin. Nachsatz: "Die Betreuung der Organisatoren ist weltweit einzigartig, hier wird man als Partner akzeptiert, nicht wie ein Bittsteller behandelt." (Olga Kronsteiner, 25.9.2015)