So sieht das gebaute Objekt an der Ecke Lindengasse/Zieglergasse in Wien-Neubau aus, ...

Foto: DTA/Bengt Stiller

... und so sah es in einer ersten Skizze der Architekten aus.

Illustration: DTA

Im Herbst 2011 war das alte Haus in der Lindengasse 60-62 von Autonomen besetzt worden.

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Das alte dreistöckige Haus in der Lindengasse 60-62 galt schon länger als Schandfleck des siebten Wiener Bezirks. "Das Haus war in der Branche schon bekannt", sagt Architekt Erik Testor (Duda Testor Architektur). "Auch wir haben uns schon länger gedacht: Was ist da los, warum passiert hier nichts?" Das war 2007.

Er habe den Liegenschaftseigentümer kontaktiert, erzählt der Architekt. "Er hat mich freundlich empfangen und mir seine komplizierte Situation geschildert. Er hat aber gleich dazugesagt, dass er vorhat, an dieser Stelle irgendwann wieder ein schönes, neues Haus zu bauen."

Freiflächen für Schule

Sein größtes Problem war, dass die bestehende Bauklasse "weit unter dem war, was er sich wünschte", sagt Gerhard Berger, hochrangiger Beamter der Wiener Stadtbaudirektion, ganz offen. Sprich: Der Eigentümer wollte höher bauen, als zu diesem Zeitpunkt erlaubt war. Gleichzeitig wollte er die Liegenschaft, die schon jahrzehntelang im Besitz der Familie war, nicht verkaufen. Und die benachbarte Volksschule wollte ihre Freiflächen vergrößern. Letzteres war auch dem grünen Bezirksvorsteher Thomas Blimlinger ein großes Anliegen. "Das ist die größte innerstädtische Volksschule, noch dazu die einzige Ganztagsschule des Bezirks, aber mit fast keinen Freiflächen."

Wegen dieser komplizierten Gemengelage an divergierenden Interessen hatte auch die Stadtbaudirektion dem Haus, das im Herbst 2011 einige Wochen lang auch von Autonomen besetzt und dann von der Polizei geräumt wurde, schon einiges an Aufmerksamkeit gewidmet. Immer wieder fragten auch Architekturbüros wegen der Liegenschaft an. "Von Duda Testor stammte aber das erste ernsthafte Konzept, auf dem wir dann aufbauen konnten", so Berger.

Rücksetzung des Baukörpers

"Unsere Idee war eine Massierung des Bauvolumens, um einen Eckplatz zu schaffen", erklärt Testor. Der Wohnbau sollte nicht direkt an die Zieglergasse grenzen, sondern etwas zurückversetzt werden, sodass eine Freifläche entsteht. Diese nun nicht mehr bebaute Straßenecke, 450 m², wurde als Grünfläche gewidmet und als "Marianne-Fritz-Park" im November 2014 eröffnet. Sie dient jetzt zu Schulzeiten den Schülerinnen und Schülern, zu allen anderen Zeiten der Öffentlichkeit als kleine grüne Oase im dichtverbauten Bezirk.

Für den Rest der Liegenschaft planten Duda Testor einen sechsstöckigen Wohnbau, für den freilich die Flächenwidmung auf Bauklasse 4 (Höhe bis 18 Meter) geändert werden musste. In Abstimmung mit Bezirk, Stadtbaudirektion, den Magistratsabteilungen 19 (Architektur und Stadtgestaltung) und 21 (Stadtteilplanung und Flächennutzung) sowie natürlich dem Liegenschaftseigentümer beschloss man schließlich die Umsetzung.

Bauträger gesucht

Dafür brauchte es aber einen Bauträger, den die Architekten gemeinsam mit dem Eigentümer per Bieterverfahren suchten. Die Buwog ging daraus als Sieger hervor, trat dann sogleich mit dem Eigentümer in Verkaufsverhandlungen – und dieser verkaufte die Liegenschaft dann doch. Allerdings nicht, ohne sich sogleich eine der neuen Wohnungen zu sichern.

65 davon entstanden schließlich in dem neuen Gebäude (Bauklasse 4, max. Höhe 18 Meter), das die Buwog um rund zwölf Millionen Euro errichtete. 36 davon verkauft die Buwog als "freifinanzierte Eigentumswohnungen der Premiumklasse" zu Preisen ab 6000 Euro/m² an Endnutzer. Die restlichen Wohnungen sowie das Geschäftslokal im Erdgeschoß (ein Billa-Markt) wurden an die Wlaschek-Stiftung Amisola verkauft, die jeweils vermietet. Ebenfalls errichtet wurden 72 Stellplätze.

"Kostenfrei für die Stadt"

Berger von der Stadtbaudirektion und Andreas Holler, Buwog-Geschäftsführer für Developments in Österreich, sind stolz darauf, hier erstmals umgesetzt zu haben, was erst einige Jahre später – 2014 – in Form der "städtebaulichen Verträge" in der Wiener Bauordnung festgeschrieben wurde. Mit diversen Verträgen und Servitutsrechten habe man nämlich schlussendlich "das bauen können, was sich die Stadt wünschte, noch dazu kostenfrei für die Stadt", so Berger.

Die Buwog hat übrigens bei weitem noch nicht alle Wohnungen verkauft, 18 sind derzeit noch zu haben. Unter anderem auch eine 180 m² große Dachgeschoßwohnung mit 34 m² großer Terrasse – für etwas mehr als 1,5 Millionen Euro. (Martin Putschögl, 26.9.2015)