Mekka – Zwei Tage nach der tödlichen Massenpanik bei der muslimischen Pilgerfahrt Hadsch in Saudi-Arabien hat sich die Zahl der Todesopfer noch einmal erhöht. Gesundheitsminister Khalid al-Falih gab am Samstag die Zahl von 769 Todesopfern und 934 Verletzten bekannt. In den bisherigen Angaben der saudi-arabischen Behörden war von 717 Todesopfern und 863 Verletzten die Rede gewesen.

Während in Mekka die Hadsch zu Ende ging, haben sich Riad und Teheran einen heftigen Schlagabtausch wegen der tödlichen Massenpanik bei der Pilgerfahrt geliefert. Irans geistliches Oberhaupt Ayatollah Ali Khamenei forderte von Saudi-Arabien am Sonntag eine Entschuldigung für die Katastrophe, während Präsident Hassan Rohani dem Königreich unzureichende Kooperation vorwarf.

Saudi-Arabien wies den Vorwurf erbost zurück, mitverantwortlich für das Unglück zu sein. "Die saudi-arabische Führung muss sich, statt den Ball zurückzuwerfen, bei der muslimischen Gemeinschaft und den trauernden Familien entschuldigen, ihre Verantwortung für dieses furchtbare Unglück akzeptieren und ihre Aufgaben erfüllen", sagte Khamenei laut der Nachrichtenagentur Irna. Präsident Rohani hatte am Samstag in einer Rede vor der UNO in New York von Saudi-Arabien eine rasche Aufklärung des Unglücks gefordert.

"Politische Ausschlachtung"

Bei einem Treffen mit UN-Generalsekretär Ban Ki Moon warf er später Riad mangelnde Zusammenarbeit bei der Suche nach den Vermissten und der Überstellung der Toten und Verletzten vor. Der saudi-arabische Außenminister Adel al-Dschubeir beschuldigte den Iran daraufhin, die Tragödie "politisch auszuschlachten". Zugleich versicherte er, alles Nötige zur Aufklärung zu tun und die Verantwortlichen zur Rechenschaft zu ziehen. Der Iran und Saudi-Arabien sind die beiden rivalisierenden Mächte in der Region.

Auf dem Weg zu einer Zeremonie in Mina bei Mekka, bei der Steine auf drei Säulen als Symbol des Teufels geworfen werden, war es am Donnerstag trotz verstärkter Sicherheitsvorkehrungen zu einer Massenpanik gekommen. Neuen Angaben Saudi-Arabiens zufolge kamen dabei 769 Pilger ums Leben, 934 weitere wurden verletzt. Iranische Vertreter äußerten in den vergangenen Tagen Zweifel an den offiziellen Zahlen und sprachen von bis zu 2.000 Opfern.

Nach iranischen Angaben sind unter den Toten 144 Iraner, zudem würden noch 323 iranische Pilger vermisst. Eine iranische Delegation unter Kulturminister Ali Dschannati, die sich an der Suche nach den Vermissten beteiligen will, erhielt bis Sonntag kein Visum. Saudi-Arabien ist als Hüter der heiligen islamischen Stätten Mekka und Medina für die Organisation der Pilgerfahrt zuständig – und trägt damit nach Ansicht des Iran eine Mitverantwortung für das Unglück.

Häufiger schwere Unglücke

Bei der Hadsch gab es bereits wiederholt ähnliche Unglücke, doch war die Tragödie am Donnerstag das schwerste Unglück seit 25 Jahren. Die getroffenen Vorkehrungen verfehlten ihr Ziel, die enormen Menschenmassen bei der Pilgerfahrt sicher zu lenken. König Salman kündigte an, die Organisation der Pilgerfahrt zu überprüfen. Zuvor hatte auch Nigerias Präsident Muhammadu Buhari, dessen Land ebenfalls viele Opfer zu beklagen hatte, eine Überprüfung gefordert.

Unterdessen ging am Samstag in Mekka die Pilgerfahrt zu Ende. Hunderttausende Pilger nahmen in Mina an der rituellen Steinigung des Satan teil. Insgesamt waren dieses Jahr knapp zwei Millionen Muslime in Mekka, darunter 1,4 Millionen aus dem Ausland. Die meisten kehrten nach dem Ende des Hadsch in ihre Länder zurück. Am Sonntag suchten jedoch noch immer viele Pilger nach Angehörigen, die sie bei dem Unglück aus den Augen verloren hatten. (APA, 26.9.2015)