Die Offensive gegen Rechts mobilisierte schon am Vormittag zur Demo "Solidarität statt Hetze".

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Gäste der rechten Kundgebung versammelten sich am Platz, Gegendemonstranten standen hinter Gittern um den Platz herum.

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Auch sie folgten der Einladung zur Kundgebung, deren Anmelder Graz wieder zur "Stadt der Volkserhebung" machen will.

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"Besorgte Bürger".

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Graz – Eine rechte Kundgebung, die im Vorfeld damit warb, Graz wieder zur Stadt der Volkserhebung (ein Ehrentitel der Nazis für die steirische Landeshauptstadt in der NS-Zeit) zu machen, versammelte am Samstag ab 13.45 sogenannte "besorgte Bürger", Pegida-Anhänger und jede Menge einschlägig bekannte und auch rechtskräftig verurteilte Rechtsradikale am Mariahilferplatz. Laut Polizei waren es 200, die durch Tretgitter von rund 500 (Angabe der Polizei) bis 800 (Angabe der Veranstalter) linken Gegendemonstranten um den Platz eingekreist waren. Ein Großaufgebot von Polizeibeamten hielt die Gruppen auseinander. Die Rechten blieben weitgehend unter sich. Zu Mittag hatten sie noch ungeladene Gesellschaft von ein paar Vertretern der Satirebewegung "Die Partei", die "Bier für das Volk" forderten.

Tretgitter und Mittelfinger

Am Platz lauschten die Teilnehmer der "Großkundgebung für ein besseres Österreich" unter anderem dem Bayern Frank Arm, der vom Podium herab – nicht unbedingt immer stringent – den Staat und die Obrigkeit geißelte. Zwischendurch johlte die Menge immer wieder "Wir sind das Volk". Über die Absperrungen hinweg streckte man sich dabei gegenseitig den einen oder anderen Mittelfinger entgegen.

Nach Arm kam der Pegida-Österreich-Sprecher Werner Wirth an die Reihe, der ein Bekenntnis ablegte: "Ja wir haben Angst. Angst davor, dass wir gegen unseren ausdrücklichen Wunsch islamisiert werden", sagte Wirth im Schatten der Mariahilferkirche, neben der gerade verwunderte Gäste einer Ausstellung vom Steirischen Herbst vorbeigingen.

Nationalratsabgeordnete übt Kritik an Sicherheitsdienst

Der Veranstalter der Kundgebung, Thomas Kirschner, der wegen des Facebookpostings mit der "Stadt der Volkserhebung" von den Jungen Grünen angezeigt wurde, hatte auch private Security im Einsatz, die es mit dem Gesetz nicht so genau nahmen. So wollte einer der Männer die Grünen-Nationalratsabgeordnete und Grazerin Judith Schwentner zu Beginn der Veranstaltung am Betreten des Platzes hindern. "Ich wollte das ganze nur beobachten und habe ihm das auch gesagt, aber er hat mich verbal extrem aggressiv und unter Flüchen wegschicken wollen", erzählt Schwentner dem Standard. Mit ihr war die Menschenrechtspreisträgerin und Anwältin Susanna Ecker, die Vorstandsmitglied der Grazer Grünen ist. Ecker wurde auch an einer anderen Seite des Platzes am Betreten desselben gehindert – ohne jede rechtliche Grundlage. Die Polizei verhielt sich an den Zugängen, die sie selbst kontrollierte "absolut korrekt uns gegenüber", betont Schwenter. Auch Pressevertreter wurden von Polizistinnen sofort durchgelassen. Am Mariahilferplatz beobachteten auch zwei Vertreter der Volksanwaltschaft das Szenario – auf beiden Seiten.

Solidarität statt Hetze

Die von der Offensive gegen Rechts organisierte Demo "Solidarität statt Hetze" war schon zu Mittag am Lendplatz gestartet und durch die Annenstraße zum Mariahilferplatz gezogen. Es kam zu keinen nennenswerten Zusammenstößen. Man sang "Ihr habt den Krieg verloren" und skandierte in Anspielung auf Kirschner: "Es gibt kein Recht auf Nazipropaganda". Auf dem Demowagen spielte "Schrei nach Liebe" von den Ärzten.

Als bereits die Hälfte der rechten Fans am Mariahilferplatz abgezogen war, stieg noch Gastrednerin Monika Donner aufs Podium. Donner war einst Bundesheeroffizier und nach einer Geschlechtsumwandlung Juristin im Verteidigungsministerium. Sie wurde mit Applaus von den meisten der verbliebenen begrüßt. Eine Frau rief ihr freundlich "Willkommen Monika!" zu, ein Herr zwei Reihen weiter hinten meinte "Is des jetzt a Haberer oder a Oide?". Donner zitierte aus einem Brief, den sie "von einer linken Freundin" erhalten habe: "Wir wissen es, Graz ist megalinks, alles, was nicht links ist, wird als Nazi denunziert." Dann wetterte sie – wie schon die Redner vor ihr – gegen die Asylpolitik der Regierung und warnte vor Terroristen, die nun ins Land kämen. Am Montag nach der Demo erklärte Donner dem Standard, sie selbst habe aus der Ecke der linken Demonstranten auch diffamierende Rufe wie "Hau ab, Du blöde Transe" gehört.

Den Gegendemonstranten riet sie vom Podium herab, sich besser mit den Leuten am Platz zusammenzuschließen. Das dürfte allerdings auch nach dem Ende beider Kundgebungen um 15.45 nicht passiert sein. (Colette M. Schmidt, 26. 9. 2015)