Wien – Auch wenn das Asylthema Wahlmotiv Nummer eins war, sehen die Bundesparteien von SPÖ und ÖVP keinen Grund, den Kurs in dieser Frage zu korrigieren. Die Analysen von SP-Bundesgeschäftsführer Gerhard Schmid und ÖVP-Klubobmann Reinhold Lopatka fielen auf STANDARD-Anfrage ähnlich aus. Es gelte die Kommunikation zu verbessern und "falschen Behauptungen der FPÖ entgegenzutreten", wie es Lopatka formulierte.
Auf personeller Ebene könnte die Landtagswahl die Bundesregierung aber sehr wohl tangieren. Infrastrukturminister Alois Stöger, der früher gern als Ablösekandidat gehandelt wurde, könnte nämlich neuer Landesparteichef der SPÖ in Oberösterreich werden. Auch wenn sich Werner Faymann am Sonntag hinter Landesparteichef Reinhold Entholzer stellte ("Jetzt geht es darum zu beweisen und zu zeigen, dass wenn der Wind einem ins Gesicht bläst, man Haltung hat."), ging man in SPÖ-Kreisen von einem Wechsel an der Landesspitze aus.
Zwei Alternativen
Als Alternative kommen vor allem zwei Kandidaten infrage: der Linzer Bürgermeister Klaus Luger, der bei der Bürgermeisterdirektwahl am Sonntag immerhin auf 45 Prozent kam (aber noch in eine Stichwahl muss) und eben Stöger, der auch Bezirksparteichef in Urfahr-Umgebung ist. Angesichts des Linzer Swap-Skandals könnte Stöger – mit Rückendeckung der Gewerkschaft – der kleinste gemeinsame Nenner sein, wie es heißt.
Ob ein Landesparteichef Stöger eine bundespolitische Postenrochade auslöst, ist aber keineswegs fix. In Parteikreisen hält man es auch für möglich, dass Stöger nur Landesparteichef, nicht aber Landesrat wird und sein Ministeramt behält. Somit wäre dem neuen Landeschef zumindest eine gewisse mediale Präsenz gesichert.
Warten auf Wien-Wahl
Allgemein wird auch erwartet, dass personelle Änderungen erst nach der Wien-Wahl am 11. Oktober über die Bühne gehen würden. Und selbst dann gibt es einige Fragezeichen. Die meisten Parteikenner gehen nämlich davon aus, dass Bürgermeister Michael Häupl auch im Falle einer herben Niederlage nicht sofort gehen, sondern für eine geordnete Übergabe sorgen würde.
Für Kanzler Werner Faymann hätte das einen Vorteil: Von Häupl, der sowohl in der Asylfrage als auch bei der Abgrenzung zur FPÖ auf Linie mit Faymann war und ist, würde wohl keine Debatte über den Bundesparteichef losgetreten.
Neue Debatte über Parteichef erwartet
Im Faymann-Umfeld geht man aber sehr wohl davon aus, dass diese Diskussion früher oder später wieder kommen wird. Vor allem, wenn der Abstand zur FPÖ in der Sonntagsfrage bei fast zehn Prozentpunkten bleiben sollte. Um davon abzulenken, käme also eine Regierungsumbildung möglicherweise gelegen.
Spielvarianten gibt es viele: Für das Amt des Wiener Bürgermeisters soll sich SPÖ-Klubobmann Andreas Schieder interessieren. Auch Nationalratspräsidentin Doris Bures werden Ambitionen nachgesagt. Wechselt Schieder in die Landespolitik, könnte dessen Lebensgefährtin, die Wiener Gesundheitsstadträtin Sonja Wehsely Gesundheitsministerin werden. Wenn Rudolf Hundstorfer seine Kandidatur für die Bundespräsidentenwahl bekanntgibt, könnte ihm wiederum Gesundheitsministerin Sabine Oberhauser oder ÖGB-Chef Erich Foglar im Sozialressort nachfolgen.
Kein Django-Effekt mehr
Ähnliche Probleme wie Faymann hat auch ÖVP-Chef Reinhold Mitterlehner. Vom Django-Effekt ist schon lange nichts mehr zu spüren. Auch die Schwarzen liegen in der Sonntagsfrage weit hinter der FPÖ, wodurch vorgezogene Neuwahlen derzeit keine Alternative sind. Denn eine mit Abstand auf Platz eins liegende FPÖ würde sich wohl nicht wie seinerzeit Jörg Haider mit dem Vizekanzler zufriedengeben.
Eine weitere Parallele zur SPÖ: Sollte Erwin Pröll bei der Bundespräsidentenwahl antreten, könnte ihm Innenministerin Johanna Mikl-Leitner nachfolgen, wodurch auch der ÖVP-Chef seine Regierung umbilden müsste. (Günther Oswald, 27.9.2015)