Mit den Boston Blades gelang Weber ihr größter Karriereerfolg.

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New York / Wien – Janine Weber war im Gewissenskonflikt. Die Hockey Hall of Fame wollte ihren Schläger ausstellen. Eine Riesenehre – natürlich. Aber Weber hatte nur zwei Eishockeyschläger. Mit dem einen hatte sie das Siegestor im Finale der kanadischen Frauenliga (CWHL) erzielt. Der andere war kaputt. Und ein Schläger kostet immerhin 300 Euro.

Die Zeiten haben sich geändert. Janine Weber ist 24 Jahre alt, Tirolerin, Eishockeyspielerin. Weber ist ziemlich gut. Das wissen in Österreich wenige, in Amerika wesentlich mehr. Weber ist Österreichs erster weiblicher Eishockeyprofi. Ab 11. Oktober spielt sie in der NWHL, dem Gegenstück zur NHL bei den Männern. Die New York Riveters verpflichteten die Innsbruckerin sogar als ersten Free Agent. "Das hat mich überrascht." Weber freut sich auf die neue Herausforderung. "Es ist schön, dabei zu sein."

Die NWHL gab es bereits zwischen 1999 und 2007, wurde heuer wieder eingeführt. Vier Teams spielen um den Titel. Weber ist mittendrin. Mittendrin in der besten Frauen-Eishockeyliga der Welt. Auch bei den Nationalteams geben Kanada und die USA seit Jahren den Ton an.

Neue Heimat New York

Die letzten Sommerwochen verbrachte Weber in Österreich. Am Freitag landete sie in New York, ihrer neuen Heimat. Gemeinsam mit einer Freundin wohnt sie in Brooklyn. Das erste Training folgte noch am selben Tag. Die Saison, die sechs Monate dauert, will sie genießen, sie will Spaß haben. "Ich will von Anfang an bereit sein." Erstmals in ihrer Karriere kann sie von ihrem Sport leben. Zwischen 10.000 und 25.000 US-Dollar verdienen NWHL-Spielerinnen pro Saison.

2013 ging Weber erstmals in die USA, spielte ein Jahr lang Eishockey für das College-Team von Providence (Rhode Island). Dann der Wechsel in die bis dahin beste Liga, die CWHL. Eine Saison lang stürmte sie für die Boston Blades. Das Beste kam zum Schluss. 7. März 2015: Markham/Ontario, CWHL-Finale, es geht um den Clarkson Cup, Boston Blades vs. Montreal Stars. Nach regulärer Spielzeit steht es 2:2. Verlängerung, 3. Minute: Janine Weber trifft für die Blades. Sieg. Besser geht's nicht.

"Vor dem Treffer hat mich niemand gekannt", sagt Weber. Das hat sich geändert. Natürlich witterte sie die Chance auf einen Platz in der NWHL. Alle CWHL-Spielerinnen seien kontaktiert worden. Es gab Auswahlturniere. Weber machte einen guten Eindruck. Sie ging dennoch auf Nummer sicher, unterschrieb einen Vertrag in Schweden bei Linköping mit Ausstiegsklausel. Dann meldeten sich die New York Riveters. Also nicht Schweden.

Und nicht mehr unterrichten. Weber hatte neben dem Eishockey einen 40-Stunden-Job an einer Schule für Kinder mit Entwicklungsstörungen in Boston. Bis Ende Juli. In der CWHL wurden ihr nur die Kosten ersetzt. Der Abschied von ihren Schülern fiel ihr schwer. Aber Weber ist jetzt von Beruf Eishockeyspielerin.

Die ersten Schritte auf dem Weg dahin machte die Tirolerin als Sechsjährige. In Innsbruck ging sie in die Eislaufschule. "Das hat mir voll gefallen." Sie überlegte, ob sie Shorttrack oder Eisschnelllauf betreiben sollte. Aber nur im Kreis laufen erschien ihr zu langweilig. Also Eishockey. Mit Buben. Gegen Buben. "Bis 12/13 war ich das einzige Mädchen in Innsbruck." Hin und wieder habe es "blöde Kommentare" gegeben. "Fahr sie zam", riefen Eltern von Gegenspielern schon mal aufs Spielfeld. Das Mädchen wurde mehr attackiert als die Buben. Aber ihre Teamkollegen hätten sie immer in Schutz genommen.

90 Spiele im Nationalteam

Webers Talent war unverkennbar. Bis 17 spielte sie mit Burschen. Mit 18 wechselte sie nach Wien, zu Österreichs bestem Fraueneishockeyklub, den Vienna Sabres. Ihr Debüt im Nationalteam gab sie als 17-Jährige. 90 Spiele hat sie mittlerweile für das ÖEHV-Team absolviert, 43 Tore erzielt. Österreich liegt auf Weltranglisten-Platz zwölf. "Wir haben uns in den vergangenen Jahren stetig verbessert." Freilich, davon wurde hierzulande noch nicht viel Notiz genommen. Nicht nur daran stört sich Weber. "Frauensport hat in Amerika einen viel größeren Stellenwert." Colleges müssten etwa für Frauen und Männer gleich viel ausgeben. Sportlerinnen würden in Amerika viel mehr nach ihren Leistungen als nach ihrem Äußeren beurteilt.

Webers Leistungen sprachen für sich. Ihren Schläger hat mittlerweile die Hall of Fame. Er geht ihr nicht mehr ab. In einem Interview erzählte sie die Geschichte von dem Schlägermangel und dem Gewissenskonflikt. Amerikaner mögen solche Geschichten. Eine Firma meldete sich bei Weber, sie schickt ihr jetzt regelmäßig Schläger zu. Die Zeiten haben sich geändert. (Birgit Riezinger, 28.9.2015)