Ankara – Zur Bewältigung der Flüchtlingskrise schlägt die Türkei der Europäischen Union den Bau riesiger Flüchtlingslager in Syrien vor. Drei Containerstädte für jeweils 300.000 Menschen seien möglich, sagte der türkische Ministerpräsident Ahmet Davutoglu laut Medienberichten vom Montag vor türkischen Journalisten am Sitz der Vereinten Nationen in New York.

Wenn die EU die Containersiedlungen bezahle, könne die Türkei den Bau übernehmen. Laut Davutoglu sollen die Siedlungen in einer Schutzzone im Norden Syriens entstehen. Die Türkei fordert seit langem die Einrichtung einer solchen Zone.

Davutoglu bestätigte, dass er sich mit der deutschen Bundeskanzlerin Angela Merkel bei einem Gespräch in New York auf die Einrichtung einer bilateralen Arbeitsgruppe zum Thema Flüchtlinge geeinigt habe. Auch Griechenland könne daran teilnehmen.

Containersiedlungen im Norden

Den in der EU diskutierten Vorschlag zur Einrichtung von EU-finanzierten Flüchtlingslagern in der Türkei lehnte Davutoglu erneut ab. Stattdessen machte er sich für den Plan der Containersiedlungen im Norden Syriens stark. Schon nach dem Erdbeben in der osttürkischen Stadt Van vor vier Jahren habe die Türkei beim Bau großer Lager aus Wohncontainern Erfahrungen gesammelt.

Nach türkischen Vorstellungen soll die Jihadistenmiliz Islamischer Staat (IS) aus einem etwa hundert Kilometer langen Gebietsstreifen entlang der türkischen Grenze im Norden Syriens vertrieben werden. Anschließend soll das Gebiet von gemäßigten Rebellengruppen kontrolliert werden, um Flüchtlingen die Rückkehr nach Syrien zu ermöglichen.

Die Zone wäre auch ein Instrument zur Verhinderung eines von der Türkei befürchteten Kurdenstaats im Norden Syriens. Bisher sind die Verbündeten Ankaras jedoch nicht bereit, das Vorhaben zu unterstützen, das eine Verletzung der syrischen Souveränität mit sich bringen würde.

Kritik übte Davutoglu an den Plänen der EU zur finanziellen Unterstützung der Flüchtlingsversorgung in der Türkei mit bis zu einer Milliarde Euro. Brüssel wolle das Geld aus Mitteln nehmen, die für den Beitrittsprozess der Türkei vorgesehen waren, sagte Davutoglu. Das lehne Ankara ab.

Experten in Salzburg fordern hingegen Aufnahmezentren an EU-Grenzen

Es brauche dringend sichere Anlaufstellen an der Schwelle zur Europäischen Union, um dort effektive Aufnahmeverfahren für die schutzsuchenden Menschen durchzuführen. Darüber waren sich die Experten der 11. Konferenz Europäischer Regionen und Städte, die derzeit in Salzburg stattfindet, einig.

Es sei überwiegend viel zu spät und zu wenig getan worden, meinte Franz Schausberger, ehemaliger Salzburger Landeshauptmann und Vorsitzender des Instituts der Regionen Europas (IRE), am Montag bei einem Pressegespräch zur Reaktion der europäischen Staaten auf die Flüchtlingskrise. Er verlangte mehr technische und finanzielle Unterstützung für jene Länder, die mit dem Flüchtlingsstrom konfrontiert sind. "Wir können nicht verlangen, dass Länder wie Kroatien, Serbien, Mazedonien oder Griechenland das alleine managen", sagte Schausberger. Um langsam wieder Ordnung in das System zu bringen, seien an der Schwelle zur EU große Einrichtungen notwendig, um dort effektive Aufnahmeverfahren machen zu können.

Es sei derzeit kein Ende des Flüchtlingsstroms absehbar, sagte Franz Lang, Direktor des Bundeskriminalamts und stellvertretender Generaldirektor für öffentliche Sicherheit. Auch er sprach sich für sichere Anlaufstellen an den Fluchtorten oder an der Schwelle zu Europa aus. Derzeit versuche jedes Land für sich die Registrierung der Flüchtlinge. Das müsse effizient an die EU-Außengrenze verlagert werden, meinte Lang. (APA/AFP, 28.9.2015)