PATIENT: Herr Doktor, Sie müssen mir helfen. Ich bin verzweifelt.

ARZT: Das sind die meisten Menschen. Da müssen Sie nicht gleich verzweifeln.

PATIENT: Für die meisten Menschen mag das ja stimmen, aber bei mir ist es schlimmer. Ein schwarzes Loch, das mit jedem Tag tiefer wird.

ARZT: Gibt es dafür bestimmte Gründe?

PATIENT: Unzählige. Krieg überall. Hinrichtungen, Massenmord, Barbarei. Flüchtlingsströme, die ständig anwachsen. Menschen, die in Lastwagen ersticken. Tote Kinder am Strand. Millionen junge Männer ohne Arbeit, aber voll Aggressionen. Mädchen, die entführt werden und zur Prostitution gezwungen. Betrug, Zerfall, Niedergang, wo immer man hinschaut. Europa zerbricht. Die Schulden wachsen ins Unendliche. Im Internet nur Scheiße und im Fernsehen sowieso. Ich halte das alles nicht mehr aus.

ARZT: Nehmen Sie Antidepressiva?

PATIENT: Die helfen nicht mehr.

ARZT: Probieren Sie es einmal mit FPÖ-Wählen.

PATIENT: Ist das Ihr Ernst?

ARZT: Immer mehr Menschen schwören darauf.

PATIENT: Und das soll helfen?

ARZT: In gewissem Sinn sicher.

PATIENT: Was meinen Sie mit "in gewissem Sinn"?

ARZT: Die FPÖ kommt an die Macht, die Katastrophe tritt früher ein, Sie müssen nicht so lang leiden.

(Vorhang)

(Antonio Fian, 26.9.2015)