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Wer für die FPÖ kandidiert, sei gar nicht so wichtig, sagt der Politologe. In Zeiten wie diesen reiche das blaue Pickerl. (Im Bild: FP-Oberösterreich-Chef Manfred Hambuchner, FP-Bundesobmann Heinz-Christian Strache)

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STANDARD: Oberösterreichs ÖVP-Chef Josef Pühringer sagt, für seine Schlappe sei der Bund verantwortlich. Zu Recht?

Laurenz Ennser-Jedenastik: In gewissem Maße ja. Es gibt seit 30 Jahren einen Trend, der stärker wird: Wer im Bund regiert, verliert. Die Opposition im Bund gewinnt in den Ländern. Es wird immer schwieriger für Landesparteien, sich gegen die Effekte der Bundespolitik durchzusetzen.

STANDARD: Wie wichtig war das Thema Flüchtlinge bei dieser Wahl?

Ennser-Jedenastik: Das Thema hat den Trend "Wer im Bund regiert, verliert" massiv verstärkt und viele Stimmen in Richtung FPÖ gelenkt.

STANDARD: Ist die große Zahl an Flüchtlingen ausschlaggebend, oder eher der Umgang der Politik mit ihr?

Ennser-Jedenastik: Das ist schwer zu interpretieren. Viele Flüchtlinge kommen, das erzeugt gewisse Sorge – und dann gibt es eine Bundespolitik, die nicht sehr vorbereitet und kompetent wirkt bei der Lösung des Problems. Das Thema würde zwar die FPÖ jedenfalls begünstigen – die mangelhafte Bewältigung durch die Bundesregierung hat das aber sicher verstärkt.

STANDARD: Warum begünstigt das Thema Asyl die FPÖ?

Ennser-Jedenastik: Die Politikwissenschaft sagt: Es gibt Parteien, die verschiedene Themen besetzt haben. Je nachdem, wie wichtig das Thema zu einem bestimmten Zeitpunkt ist, nutzt oder schadet ihnen das. Dasselbe ist 2011 passiert, bei der Akw-Katastrophe in Fukushima: Plötzlich standen die Grünen in Deutschland bei 25 Prozent.

STANDARD: Trauen die Wähler den Blauen in Sachen Flüchtlings-Unterbringung also eine ähnlich klare Strategie zu wie den Grünen in der Energiepolitik?

Ennser-Jedenastik: Ich glaube, das ist gar nicht wichtig. Die Wähler halten die FPÖ in Sachen Asylpolitik für am meisten glaubwürdig und für am ehesten in der Lage, die Ablehnung gegenüber Asylwerbern zu vertreten. Das heißt aber nicht, dass sie ihr auch die größte Managementkompetenz zutrauen.

STANDARD: Am stärksten dazugewonnen hat die FPÖ in St. Roman im Innviertel. Dort lebt kein einziger Asylwerber.

Ennser-Jedenastik: Wo Flüchtlinge wohnen, hat überhaupt nichts damit zu tun. Man muss verstehen, wie der Mechanismus entsteht: Das Thema Flüchtlinge dominiert die Medien. Wie viele dort leben, tut nichts zur Sache.

STANDARD: Hätte ein anderer Umgang der Bundespolitik mit dem Asylthema bei den Oberösterreich-Wahlen zu einem anderen Ergebnis geführt?

Ennser-Jedenastik: Ich könnte es mir vorstellen. Der Eindruck, dass im Kompetenzwirrwarr zwischen Bund, Ländern und Gemeinden keine Lösungen gefunden werden, ist ja schon entstanden, als noch nicht so viele Flüchtlinge über die Grenze gekommen sind – Stichwort Traiskirchen.

STANDARD: In der Steiermark hat die FPÖ im Mai noch stärker zugelegt, damals war Asyl nicht so ein großes Thema wie jetzt.

Ennser-Jedenastik: Die Steiermark-Wahl ist ein interessanter Fall. Warum das dort so ausgegangen ist ist schwer zu erklären. In der Steiermark hat sich die Regierung ja in ihrem Reformeifer gerühmt. Trotzdem hat die FPÖ dort den historisch größten Zugewinn bei einer Landtagswahl seit 1945 eingefahren.

STANDARD: Manche sagen, das Asylthema sei nur ein Ventil für andere Sorgen – etwa Angst vor Jobverlust oder ökonomischer Unsicherheit.

Ennser-Jedenastik: Da wäre ich skeptisch. Alle Erklärungen, die versuchen den Erfolg der FPÖ auf sozioökonomische Gründe zurückzuführen, sind schwach. Würde ich eine Umfrage machen und ich dürfte nur eine einzige Frage stellen um das Wahlverhalten der Befragten zu erklären, müsste ich in Österreich eine Frage stellen zu Migration. Das hat immer die stärkste Erklärungskraft.

STANDARD: Ist es egal, wer konkret für die FPÖ kandidiert, weil die Partei in Zeiten wie diesen ohnehin gewinnt?

Ennser-Jedenastik: Schwierig zu sagen, aber ich würde glauben dass es nicht so wichtig ist wer Spitzenkandidat ist. Bei einer Themenlage wie sie jetzt ist kann man sich keinen FPÖ-Spitzenkandidaten vorstellen, der das nicht in große Zugewinne umsetzen könnte. (Maria Sterkl, 28.9.2015)