Selten Gezeigtes. Nie Gehörtes": Arbeiten von Cornelius Kolig in der Galerie Freihausgasse in Villach.

Foto: Galerie Freihausgasse / Cornelius Kolig

Villach – Die Kunstwerke Cornelius Koligs verlassen ihr Vorderberger "Paradies" nicht mehr oft. "Ich sehe sie täglich, sodass mir kaum auffällt, dass sie noch gar nicht ausgestellt wurden", sagt der Künstler. Chronologisch geordnet präsentiert Kolig nun in der Galerie Freihausgasse die Entwicklungslinien seines Schaffens seit 1962: Selten Gezeigtes. Nie Gehörtes. Die Schau wartet mit einigen Korrekturversuchen an seiner nicht immer glücklich verlaufenen Rezeptionsgeschichte auf.

Das betrifft etwa die Plexiglasblasen aus den 60er-Jahren. Diese Werkgruppe wurde von der damaligen Kritik wegen der gerade aktuellen Mondlandung mit Astronautenhelmen assoziiert und dem Künstler eine Hinwendung zur Pop-Art unterstellt. In Villach steht Priapos jetzt neben den Arbeiten aus dem Zyklus Kaiserschnitt (1964) und Baubo (1966).

Der Einsatz zeitentsprechender Technologien zieht sich durch. Er kennzeichnet bereits die 1962 entstandenen Röntgen-Skulpturen. Aluminiumgehäuse, die X-Strahlen-durchlässig sind, geben dem Apparat ihr Inneres preis: Sandkumulationen, Nägel, durchlöchertes Holz. In der Neugier an allem, was im Alltag bedeckt ist, ist Kolig ein offenherzig geständiger Mann. Beschönigt wird nichts. Ein vorsintflutlicher Gynäkologenstuhl wird auf einem beigefügten Foto nicht eben hippokratisch zum Versuch einer natürlichen Befruchtung verwendet, bei dem der Frau, einer Gekreuzigten, als Halt zwei Sarggriffe bleiben.

Ein nie vorurteilsfrei rezipiertes Thema ist Koligs Umgang mit Exkrementen. Dazu ist ja kaum mehr zu sagen, als er längst gesagt hat: "Vielleicht sollten wir den Begriff der Schönheit durch den der Wahrhaftigkeit ersetzen". Die Ausstellung kommt dem Verständnis aber noch einmal entgegen: in der Zusammenstellung eines Fotos des dreijährigen Künstlers mit einem 1985 gemalten sonnendurchfluteten Wiesenstück mit einem versteckten Häufchen namens Auferstehung:

"Als ich drei Jahre war, grassierte in Nötsch die Ruhr. Zwei Kinder starben. Auch ich war infiziert. Ich musste wochenlang im Dunkeln liegen, war vollkommen dehydriert. Gerettet hat mich angeblich der Rat des Arztes in Nötsch, viele Karotten zu essen. Eines Tages ging ich über den Bach zur Wiese, auf der heute das Paradies steht. Dort hatte ich
zum ersten Mal wieder einen festen Stuhl. Ich musste nachher noch lange achten, ob kein Blut dabei ist. So ist der Kot für mich etwas Selbstverständliches geworden." (Michael Cerha, 28.9.2015)