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Wifo-Chef Karl Aiginger und Helmut Hofer vom IHS sprechen sich für raschere Asylverfahren und Integration aus.

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Wien – Österreich plagt sich ziemlich mit dem Thema Arbeitsmarktöffnung für Asylwerber. Im Unterschied zu Deutschland und anderen europäischen Staaten gibt es hierzulande nur Saisonjobs, also beispielsweise im Tourismus oder als Erntehelfer. Dazu kommt, dass der Verdienst auf die Grundversorgung angerechnet wird, sich die Arbeit also kaum auszahlt. Ein Manko, wie führende österreichische Wirtschaftsforscher meinen.

30.000 Asylwerber wären am Arbeitsmarkt gut unterzubringen, meint Wifo-Chef Karl Aiginger. 10.000 Flüchtlinge als dringend benötigte Facharbeiter, 20.000 in Bereichen, in denen die meisten Österreicher nicht arbeiten wollen – Stichworte: Reinigen, Schneeräumen, Rasenmähen ... Helmut Hofer vom Institut für Höhere Studien (IHS) teilt diese Auffassung und spricht sich für raschere Asylverfahren und Integration von Flüchtlingen aus. Unumstritten sind diese Positionen nicht: Die Arbeitslosigkeit steigt im kommenden Jahr trotz steigender Beschäftigung in Richtung zehn Prozent: 73.000 Ausländer drängen allein heuer auf den Arbeitsmarkt und verdrängen dort zumindest teilweise andere aus ihren Jobs. Darin inkludiert sind noch keine Effekte durch den Flüchtlingsstrom.

Doch Aiginger und Hofer betonen, dass die negativen Effekte bei richtigen politischen Maßnahmen überschaubar seien, die langfristigen wegen der Alterung der Gesellschaft positiv. "Wenn man es ungeschickt macht, kann man das Sozialsystem zusammenhauen", erklärt der Wifo-Chef. Umgekehrt, so IHS-Experte Hofer, wirke sich die Nutzung der Fähigkeiten von Migranten positiv aus. Er blendet freilich nicht aus, dass empirisch betrachtet drei Zuwanderer einen Arbeitslosen "erzeugen". Er fragt sich aber, ob Österreich als Fluchtdestination überhaupt attraktiv sei.

Gewerbeordnung lockern

Aiginger setzt bei der beruflichen Integration auch auf das Unternehmertum. Eine Lockerung der Gewerbeordnung könnte zu mehr Firmengründungen beitragen. Zumindest in Gegenden, in denen gewisse Leistungen nicht mehr angeboten werden, sollen Betriebe von Asylwerbern einspringen. Man könnte auch von bedarfsorientierter Gewerbeordnung sprechen. Wichtig seien jetzt kluge Lösungen, betont der Wifo-Chef. Die unbürokratische Anerkennung von Diplomen und anderen Qualifikationen zähle ebenso dazu wie die Aktivierung des kaum genutzten Dienstleistungsschecks für Flüchtlinge, über den die Entlohnung samt Unfallversicherung bis zur Geringfügigkeitsgrenze für Tätigkeiten in privaten Haushalten erfolgen kann.

Die von den Forschern geforderte Integration wird mit enormen Kosten verbunden sein. 2016 werde allein die Grundversorgung der Flüchtlinge 400 Millionen Euro kosten, dazu kommen Zusatzausgaben für Grenzeinsätze, Schulden, Arbeitsmarktservice usw. In Summe rechnet Wifo-Budgetexpertin Margit Schratzenstaller mit Kosten von 600 bis 700 Millionen Euro.

Dass die Arbeitslosigkeit laut Wifo im kommenden Jahr auf den Rekordwert von 9,7 Prozent (nationale Definition) steigen wird, liegt an der trotz Verbesserungen schwachen Konjunktur. Mit einem Wachstum von 1,4 bis 1,6 Prozent wird Österreich im kommenden Jahr neuerlich hinter Deutschland und der EU herhinken. Und das, obwohl die Steuerreform die Einkommen entlaste und den Konsum antreibe, wie Wifo und IHS betonten. Neben der Unzahl immer wieder geforderter Reformen legt Aiginger den Fokus auf die Inflation, bei der Österreich im Euroraum im Spitzenfeld liegt. Verkrustete Strukturen und Gebührenerhöhungen seien die Hauptverursacher für die Teuerung, die auf den verfügbaren Einkommen lastet. (Andreas Schnauder, 29.9.2015)