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Abfahrt eines Flüchtlingssonderzugs der Deutschen Bahn in München. In Wien und Berlin setzt man nach wie vor auf eine geordnete Weiterreise der vielen Schutzsuchenden.

foto: dpa/armer

Berlin/Wien – Aus Sicht der deutschen Bundesregierung ist die Aufregung in Österreich nicht verständlich. "Es gibt kein Enddatum, die Sonderzüge werden weiterhin fahren", sagte ein Sprecher des deutschen Innenministers Thomas de Maizière (CDU) zum STANDARD. Am Dienstag wurden insgesamt 920 Flüchtlinge in zwei Sonderzügen von Salzburg aus nach Deutschland gebracht: Einer fuhr nach Köln, der andere nach Bitterfeld in Sachsen-Anhalt. In beiden Städten befinden sich zentrale Aufnahmelager.

Auch am Mittwoch sollen wieder Sonderzüge rollen. Wie lange danach noch, ist allerdings unklar. "Das wird tagesaktuell entschieden und passiert lageangepasst", heißt es aus dem deutschen Innenministerium. Der Flüchtlingsstrom reißt jedenfalls noch nicht ab. Am Montag registrierte die deutsche Bundespolizei 5.380 illegale Einreisen, am Sonntag waren es 4.160 und am Samstag 3.600. Die tatsächlichen Zahlen dürften allerdings höher liegen, Experten gehen vom Dreifachen aus.

"Planbares Verfahren"

Die Sonderzüge haben für die Deutschen daher auch Vorteile. "Wir wollen ein geordnetes, planbares Verfahren, damit die Menschen dann in Deutschland verteilt und ordnungsgemäß registriert werden können", sagt de Maizières Sprecher. Die deutsche Regierung hat am Dienstag angesichts der hohen Flüchtlingszahlen ein Gesetzespaket zur Asylpolitik verabschiedet. Asylverfahren sollen beschleunigt und Albanien, Montenegro sowie der Kosovo als sichere Herkunftsstaaten eingestuft werden. Dafür ist im Bundesrat allerdings die Zustimmung der Grünen nötig – die steht aber noch nicht.

Die Abstimmung zwischen Wien und Berlin sei dieser Tage besonders eng, hieß es aus dem Büro des österreichischen Bundeskanzlers Werner Faymann (SPÖ). Mit der deutschen Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) telefoniere Faymann inzwischen täglich. Von einem Ende der Flüchtlingsbahntransporte sei dabei nicht die Rede.

Krisenstab trifft täglich zusammen

Das Bundeskanzleramt in Wien hat die Gesamtkoordination des österreichischen Flüchtlingskrisenstabs inne, der außerdem aus fünf Ministerien sowie den Ländern besteht. Das Verteidigungsressort unterstützt Transporte und Unterkunftsorganisation, Rotes Kreuz und Caritas, die ÖBB und das Busunternehmen Dr. Richard nehmen an den nahezu täglichen Sitzungen im Innenministerium ebenfalls teil.

Insgesamt seien im September in Österreich bisher rund 140.000 Flüchtlinge per Sonderzug nach oder in Richtung Deutschland transportiert worden, sagte ein Mitglied des Krisenstabs dem STANDARD. Täglich kämen zwischen 4.200 und 7.000 Menschen hinzu, die über die österreichisch-deutsche Grenze oder aber in ihre Nähe gebracht würden.

13.000 an nur einem Tag

Die meisten Menschen an einem einzigen Tag wurden bisher am 6. September transportiert, als Flüchtlingssonderzüge mit 13.000 Personen durch Österreich fuhren. Wenige Tage davor war bekanntgeworden, dass Deutschland EU-interne Rückführungen syrischer Flüchtlinge laut Dublin-Verordnung gestoppt hatte.

Mittels weiterer Bahntransporte wolle man verhindern, dass mehr Flüchtlinge als ohnehin auf eigene Faust an die Grenze fahren oder marschieren, sagt besagtes Krisenstabsmitglied. Pro Tag täten das derzeit "mehrere Hundert bis Tausend Menschen".

Busse wiederum werden nicht zum grenzüberschreitenden Flüchtlingstransport eingesetzt. Mit ihnen werden vielmehr Flüchtlinge innerhalb Österreichs in Transitunterkünfte gebracht. Derlei Fahrten würden das Vorhandensein freier Kapazitäten voraussetzen, meint dazu ein Sprecher des Verteidigungsministeriums. Dem Vernehmen nach gibt es in Westösterreich derzeit nur wenig Plätze. (Birgit Baumann, Irene Brickner, 29.9.2015)