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Ein Eingang zu einem der Tunnel, die den Gazastreifen mit Ägypten verbinden. Seit Mitte September werden die Tunnel geflutet.

Foto: EPA/Saber

Mitte September hat die ägyptische Armee damit begonnen, Tunnel in den Gazastreifen nicht nur zu zerstören, sondern auch mit salzhaltigem Wasser aus dem Meer zu fluten. Die Hamas-Regierung in Gaza verlangt von den ägyptischen Behörden, die Flutung umgehend einzustellen. Hamas befürchtet den Einsturz von Häusern im Gazastreifen entlang der Grenze.

Aber auch auf ägyptischer Seite regt sich Kritik vor den unabsehbaren Folgen für das Grundwasser und die Landwirtschaft. Ein hoher Militäroffizier erklärte dieser Tage im Fernsehen, 99 Prozent der Tunnel in den Gazastreifen seien zerstört. Eine offizielle Stellungnahme zur Flutung hat die ägyptische Armee nicht abgegeben.

Gegen internationales Recht

Es wurden aber nicht nur die Tunnel zerstört, durch die laut ägyptischer Lesart der "Islamische Staat" (IS) Waffen, Kämpfer und logistische Hilfe erhalten soll, sondern in den letzten zwei Jahren auch mehr als 3200 Familien aus einer Pufferzone vertrieben, ihre Häuser zerstört und das Landwirtschaftsland vernichtet. Die offiziellen ägyptischen Pläne sehen eine Pufferzone von 79 Quadratkilometern entlang der Gazagrenze vor, die auch die Stadt Rafah mit 78.000 Einwohnern umfasst.

Diese Kampagne komme einer Verletzung des internationalen Rechts gleich, hält Human Rights Watch (HRW) in einem neuen Bericht fest und verlangt von der ägyptischen Regierung eine Erklärung, warum nicht die 2009 von den USA erhaltene ausgeklügelte Technologie eingesetzt würde, um Tunnel zu finden und zu eliminieren, sondern Landstriche zerstört würden – Zerstörungen, die sich anhand von Satellitenbildern gut dokumentieren lassen.

Die Regierung in Kairo hat in einer ausführlichen Stellungnahme alle Vorwürfe dementiert und erklärt, es würden alle Gesetze eingehalten, Kompensationen gezahlt und Entwicklungsprogramme vorbereitet, allerdings ohne Belege mit konkreten Zahlen.

Vor wenigen Tagen hat die Armee eine weitere groß angelegte Militäroperation im Nordsinai beendet. Im Laufe der Aktion "Des Märtyrers Rechte" sollen erneut 500 Militante getötet, dazu Unterstände und Munitionslager der Terroristen zerstört worden sein.

Seit Juli 2013 sind rund 3600 Menschen in dieser Region getötet worden, darunter viele Zivilisten. Im Nordsinai ist Ansar al-Maqdis aktiv, eine Jihadistengruppe, die sich dem IS angeschlossen hat und regelmäßig Anschläge auf Sicherheitskräfte verübt. Ihre Waffen erhält die Gruppe vor allem aus Libyen und aus ägyptischen Armeebeständen, die ihnen in die Hände fallen. Die jüngste Militäroperation wurde auch in die westliche Wüste in die Oase Bahariya ausgedehnt, wo zehn Militante einer Zelle getötet worden sind. Sie sollen Anschläge während religiöser Festtage geplant haben. In dieser Region hatten Sicherheitskräfte vor einigen Wochen irrtümlich eine Reisegruppe beschossen und zwölf Personen, darunter acht mexikanische Touristen, getötet. (Astrid Frefel aus Kairo, 1.10.2015)