Wien/Berlin – Ein Interview mit "Palästinas einziger Bierbrauerin" oder eine Geschichte über "die schwierige Situation von Homosexuellen in Weißrussland". Das sind Beispiele für Themen, die Pauline Tillmann mit dem Onlinemagazin "Deine Korrespondentin" forcieren möchte. "Wir wollen interessante Frauen auf der ganzen Welt vorstellen", sagt die 32-Jährige zum STANDARD. Mit dem Ziel, sie sichtbarer zu machen.
"Deine Korrespondentin" ist eine Plattform, die von derzeit acht Korrespondentinnen gefüttert wird. Im Schnitt wird jede Woche ein Artikel veröffentlicht – etwa aus Indien, Afrika oder dem Nahen Osten. Tillmann greift dabei auf Journalistinnen zurück, die meist als Freie für verschiedene Medien arbeiten. Für einen Artikel winken 100 Euro. Bei ihr hätten jene "kantigen Themen" Platz, die andere Medien ignorierten.
Initialzündung Recherchereise
Bevor Tillmann das Portal gründete, war sie von 2011 bis Anfang 2015 selbst als Auslandskorrespondentin tätig. Stationiert in St. Petersburg, belieferte sie die ARD mit Reportagen und Radio-Features aus Russland und der Ukraine. Also aus einer Region, in der einem eigentlich nicht so schnell fad wird. Und dennoch: Tillmann wollte nicht nur als Journalistin gestalten, sondern als Medienmacherin dirigieren.
Initialzündung war eine dreimonatige Recherchereise in den USA. Thema: die Zukunft des Journalismus. Ein weites Feld, zur Ernte bereit. Medien seien im Wandel: "Jetzt ist die Pionierzeit, und da wollte ich dabei sein".
Zeit nicht reif für Paid Content
Die Grundfinanzierung für ihr Portal schaffte sie im März via Crowdfunding. Weil aber 6500 Euro alleine noch keine monatelangen Löhne garantieren, setzte sie im Sommer auf ein Abomodell. Dem Plan, fünf Euro pro Monat zu verlangen, folgte schnell die Ernüchterung. Gerade einmal zehn Abos standen zu Buche. Viel zu wenig, um ein Geschäftsmodell zu etablieren und Grund genug, um zurückzurudern.
Mit heute, Donnerstag, fällt die Bezahlschranke. Alle Artikel sind wieder frei verfügbar: "Ich habe gedacht, dass in Deutschland die Zeit reif ist für Paid Content", resümiert sie, "aber das ist nicht der Fall" . Es gebe noch zu viele gute Inhalte im Internet, die frei seien.
Neuer Anlauf mit Investor
Ans Aufgeben denkt Tillmann nicht, ganz im Gegenteil: "Wir müssen zuerst bekannter werden und versuchen es vielleicht in ein, zwei Jahren wieder mit einem Abomodell".
Immerhin ist ihr Projekt schon so bekannt, dass es das Interesse von Investoren weckt. Für einen Anteil von fünf Prozent am Unternehmen erhält Tillmann 12.000 Euro. Teil des Deals ist die Aufnahme in ein Mentoring-Programm und ein Platz in einem Gemeinschaftsbüro.
Neben Investoren möchte sie noch Stiftungsgelder anzapfen, Veranstaltungen organisieren und Kooperationen anleiern. Regionalzeitungen könnten etwa Deine Korrespondentin-Artikel kaufen. Ihr Motto: nicht jammern, tun: "In Deutschland wird viel geredet." (Oliver Mark, 30.9.2015)