Bild nicht mehr verfügbar.

Fiona Kaiser: "Ich glaube, es machen sich in der SPÖ Lethargie und Resignation breit."

Foto: APA/ROLAND SCHLAGER

STANDARD: Sie haben gefordert, dass das schlechte Ergebnis in Oberösterreich schonungslos analysiert werden muss. Wie lautet Ihre Analyse?

Kaiser: Dass die Flüchtlingsthematik alles überlagert haben soll, ist eine Ausrede. Das stimmt einfach nicht. Die SPÖ hat schon seit mehreren Jahren schlechte Umfragewerte. Bei 18 bis 23 Prozent lagen wir in den Umfragen seit 2014 immer wieder.

STANDARD: Warum haben so wenige Menschen die SPÖ gewählt?

Kaiser: Die SPÖ macht bereits seit Jahren für Arbeiter und Arbeiterinnen keine glaubwürdige Politik mehr. Sie schreibt zwar wichtige Themen auf Wahlplakate, zum Beispiel "Gerechtigkeit für alle", aber in der Politik, die sie umsetzt, ist von diesen Sprüchen wenig zu spüren. Die SPÖ hat neoliberale Krisenrezepte wie den Fiskalpakt und die Schuldenbremse mitbeschlossen. Das hat nichts mit sozialdemokratischer Politik zu tun. Die Leute merken, dass es keine Konsequenzen hat, wenn man die SPÖ wählt. Es macht kaum einen Unterschied zur ÖVP oder zu anderen Parteien.

STANDARD: Hat die FPÖ die richtigen Antworten für die Arbeiter?

Kaiser: Die FPÖ gibt keinesfalls die richtigen Antworten, aber sie gibt zumindest irgendwelche Antworten. Zuspitzen auf Sündenböcke ist die falsche Antwort. Aber ich denke, dass das auf fruchtbaren Boden fällt, weil es keine alternativen Erklärungsversuche gibt.

STANDARD: Sind die Funktionäre Ihrer Partei zu abgehoben? Haben sie den Kontakt zu den Bürgern verloren?

Kaiser: Die agierenden Personen sind tatsächlich sehr oft weit davon weg, was in einem Betrieb passiert und was die Sorgen und Ängste der Menschen sind. Und sie machen sich keine Mühe, glaubwürdige Antworten auf die Sorgen zu finden. Das sieht man an der Steuerreform: Für alle wurde ein bisschen etwas herausgeholt, für die Besserverdienenden etwas mehr. Die wirklichen Probleme, die fehlende Umverteilung, zu niedrige Löhne und die hohe Arbeitslosigkeit, werden wieder nicht thematisiert, geschweige denn angegangen.

STANDARD: Am 2. Oktober findet in Oberösterreich der erste Kompass-Kongress der Parteirebellen statt. Was soll dort passieren?

Kaiser: Wir erwarten etwa 100 Menschen. Wir werden in Kleingruppen verschiedene Themen diskutieren. Es soll der Start sein, sich zu organisieren, um etwas zu verändern.

STANDARD: Hat sich nach der Wahl Unmut breitgemacht über die Führungspersönlichkeiten im Bund oder im Land?

Kaiser: Im Bund gibt es diesen Unmut schon länger. Betreffend Landespartei bin ich mir unsicher. Ich glaube, es machen sich in der SPÖ Lethargie und Resignation breit.

STANDARD: Es hat oft geheißen, die Zukunft des Parteivorsitzenden Werner Faymann wird von den Landtagswahlen abhängen. Wird er bald Geschichte sein?

Kaiser: Ich kann nicht einschätzen, ob sich am Kurs der Bundespartei etwas verändert hat. Ich glaube nicht.

STANDARD: Efgani Dönmez von den Grünen hat für die Bürgermeister-Stichwahl in Linz eine Wahlempfehlung für den ÖVP-Kandidaten ausgesprochen. SPÖ-Chef Klaus Luger kooperiere mit türkischen Rechtsextremen. Können Sie das nachvollziehen?

Kaiser: Das ist inhaltlich nachvollziehbar, ich kritisiere die Zusammenarbeit mit den faschistischen Grauen Wölfen. Aber ich schließe mich der Empfehlung nicht an. (Katrin Burgstaller, 1.10.2015)