Gute Laune in Green Bay: Auch im dritten Saisonspiel ließen den Packers nichts anbrennen und führen ihre Division souverän an.

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Die Farbe der neuen 49ers Jerseys passen sich der aktuellen Trauerstimmung in der Bay an.

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Das wirklich Überraschende an der NFL ist ja eigentlich, dass kaum etwas passieren könnte, was einen am Ende noch wirklich zu überraschen imstande ist. Eine Erwartungshaltung wird quasi erfüllt, insofern der "Oh!"-Moment dann so sehr aus heiterem Himmel auftaucht, wie der Gewinn der Nationenwertung beim Skifahren durch den ÖSV. It's like that halt.

Die AFC East: Stärker mit einem Klassenbesten

"Deflategate", welches eigentlich inhaltlich vom Luftauslassen bestimmt war, wollte eine übel-naiv gelaunte und danach schlampig agierende Liga zu "Spygate II" aufblasen. Die Rechnung hat ihr Commissioner Roger Goodell ohne Tom Brady gemacht. Goodell zog im Verlauf in eine Art Privatkrieg gegen Brady, den er unbedingt bestrafen oder zumindest ein wenig maßregeln wollte. Ohne Beweise für seine Mitschuld an der Affäre zu haben, wurde eine Sperre von vier Spielen ausgesprochen. Ein Viertel der Regular Season. Das ließ sich der vierfache Super Bowl-Gewinner nicht gefallen, einen Vergleich lehnte er (Brady) zuversichtlich ab, zog schlussendlich vor Gericht und bekam dort auch Recht. Die Anwälte der NFL wirkten bei der Verhandlung so gut vorbereitet wie Wiens Autofahrer auf den ersten Schnee. Und sie wurden vom Richter dafür auch abgewatscht: Keine Winterreifen, nie ein Fahrsicherheitstraining absolviert, eigentlich fragt man sich, wer euch Geisterfahrern jemals einen Führerschein ausgestellt hat!? Zurück zum Start!

Seither ist es leiser geworden, geht es ja auch offensichtlich gar nicht mehr darum, ob Brady tatsächlich mitschuldig ist, sondern ums Prinzip: Wenn wir als NFL sagen, er ist schuldig, dann ist er das auch! Ist er nicht und das könnte auch eine schöne Vorlage für zukünftige Fälle sein, wenn Herr Goodell und seine Crew wieder einmal ohne Airbag gegen eine Mauer krachen wollen. Lasst sie doch kommen.

Sportlich hat New England das Tamtam so sehr beeindruckt wie das ihre bisherigen Gegner Pittsburgh, Buffalo und Jacksonville konnten – nämlich gar nicht. Brady führte sein Team, zusammen mit dem besten Offense-Spieler der Liga Rob Gronkowski, zu drei Siegen in drei Spielen. Dabei erzielten die Patriots 119 Punkte. Noch Fragen? Die nächsten kann man Anfang Jänner stellen, denn New England wird die Playoffs erreichen, sofern der Kern gesund bleibt.

Der Division muss man trotzdem ein besseres Zeugnis als noch zuletzt ausstellen. In Buffalo (2-1) hat Rex Ryan als neuer Chefkoch einen Tyrod Taylor aus dem Backrohr geholt, der tatsächlich ein wenig nach Franchise Quarterback duftet. In Miami (1-2) hängt der Haussegen schief, weil Ndamukong Suh genau das mühsame Kerlchen ist, welches man auch befürchtet von Detroit geholt zu haben. Ansonsten sieht das auf Anhieb so schlecht nicht aus. Selbst der New Yorker Komödien-Stadl der Jets (2-1) reisst sich am Riemen, produziert Turnovers am Fließband. Bevor es aber ganz trocken geworden wäre, rettete zuletzt Brandon Marshall das Image der Hoppala-Gang von East Rutherford.

Die AFC North: Ein Rabe im Sturzflug?

Die Cincinnati Bengals, das 1-and-done-Playoff-Wunder aus Ohio, starteten mit 3-0 perfekt in die Saison. Im Grunddurchgang sieht das Team stets wie eine fast sichere Bank auf den Conference-Titel aus, wenn da nicht die Nerven von Andy Dalton wären, die in Nanosekunden den Aggregatzustand wechseln. Das Stahlseil vom Dezember, ist im Jänner dann plötzlich ein Gummischnürchen, Geschmacksrichtung Erdbeer-Tigerchen.

Die Pittsburgh Steelers (2-1) haben sich zum Start eine Abreibung bei den Patriots geholt, sich davon aber gut erfangen. Zwar fällt nun Quarterback Ben Roethlisberger mit einer Bänderverletzung einige Wochen aus, aber: Been there, done that. Pittsburgh wird den Ausfall mit Vick, Bell und Brown halbwegs durchstehen, ihre Defense ist auch stärker als die Jahre zuvor.

Cleveland (1-2) glaubt erneut seinen Starting Quarterback mit Josh McCown gefunden zu haben, irrt sich dabei aber von Grund auf. Es ist, auch wenn es sich etwas tebowesk anhört, Johnny Manziel. Wenn die Browns das mal begriffen haben, wird es für sie trotzdem nicht schnurstracks ins Playoff gehen, aber das Feld wäre mal bereit, um es für kommende Ernten zu bestellen. Herr Manziel ist kein Riese, aber er scheint sich mental gefangen zu haben und er ist in der Lage wichtige Plays zu machen. Wenn es er nicht ist, dann wird es so schnell keiner sein. Was aber in Cleveland nichts allzu Neues wäre.

Die erste große Enttäuschung sind die Baltimore Ravens, die mit Niederlagen gegen Denver, Oakland (!) und Cincinnati in die Saison gestartet sind. Zwar kamen diese allesamt knapp (sechs bzw. zweimal vier Punkte), aber auch alles andere als unverdient. Das Laufspiel stottert und hinten ist man offen für alles. Das könnte ganz übel ausgehen für einen der Mitfavoriten. Donnerstagnacht geht es für die Ravens im Divisionsduell gegen die Steelers daher schon um einiges.

Die AFC South: Danke für nichts

Vier Teams aus 1-2 und das wirklich Dramatische (vor allem für Indianapolis) daran ist: Man scheint als Quartett aktuell tatsächlich auf Augenhöhe zu agieren. Die Colts haben die Titans, mit einem phasenweise beeindruckenden Rookie Quarterback Marcus Mariota, gerade noch mal so gebogen, von der AFC East – Buffalo wie Jets – holte man sich aber klare Niederlagen ab. Favoriten sind Luck und Freunde immer noch, Umfaller gegen Houston und Jacksonville scheinen aber möglich und würden die anfangs als gesichert angesehene Post-Season schwer gefährden.

Die AFC West: Manning ist alt, aber nicht alt genug

Den Denver Broncos wurde der späte Einbruch der vergangenen zwei Jahre (einmal Super Bowl, einmal Divisional Playoff) auf Grund der fraglichen Fitness ihres 39-jährigen Quarterbacks Peyton Manning für 2015 schon viel früher prophezeit. Auch auf Grund des Spielplans, der für die Broncos zum Start Baltimore, Kansas City und Detroit parat hatte. Das ist mal nicht passiert, denn alle drei Spiele wurden gewonnen. Es folgt, zumindest am Papier, mit Minnesota, Oakland und Cleveland, Schonkost. Tatsächlich werden das zumindest zwei ganz harte Spiele, schauen die Vikings und Raiders aktuell stärker aus als Baltimore und Detroit. Denver wird von vielen als schwächstes 3-0 Team gesehen, ich behaupte, dass man diese (Mehrzahl) in der NFC findet.

Oakland wäre sicher die Überraschung der Saison bisher, allerdings konnte man Jack Del Rio schon zutrauen, einen Umschwung herbei zu führen. Danach sieht es zumindest aktuell aus, denn San Diego und Kansas City sind seit Jahren Mittelmaß, bei denen sich Highlights und Lowlights regelmäßig die Hände reichen. Eigentlich wäre die Division so gesehen aufgelegt für ein ehemaliges Topprogramm auf dem Weg zurück zur Spitze.

Die NFC East: Mehr als Personalsorgen

Die "komplizierteste" Division aller acht. Und das nicht nur, weil beim Favoriten Dallas Cowboys auf einen Schlag gleich mehrere wichtige Starter ausgefallen und die Mannschaft im Spiel gegen Atlanta auch prompt eingebrochen ist. Tony Romo und Dez Bryant, beide unumstritten umstritten, sind erst ihr Geld wert in Texas, wenn sie mal fehlen. Die Fans der Cowboys, die in den vergangenen 15 Jahren ebenso viele virtuelle Super Bowl-Titel gefeiert haben, bleiben aber optimistisch-stur froh der Hoffnung. Irgendwie reicht das am Ende schon gegen die dann anscheinend doch nicht so tollen Philadelphia Eagles, die fehlerhaften New York Giants und die Oberherumprobierer Washington Redskins. Dallas ist bei 2-1, der Rest auf 1-2. Dort kann alles passieren in den nächsten Wochen. Dallas den Vorsprung ebenso ausbauen, wie im Nu auf Platz 4 stehen.

Die NFC North: Alles Käse

Die Packers sind und bleiben wohl auch das Maß der Dinge in der Division. Green Bay ist sicher eines der besten Programme der Liga, ihre Divisionsgegner riechen aber nun schon seit einigen Jahren komisch und machten ihnen das Leben auch in schlechten Zeiten nur bedingt schwer. Dachte man heuer, dass die Detroit Lions ihr größter Konkurrent um den kleinsten Titel sein könnten, stehen die bei 0-3. Die größte Baustelle der Lions ist ihre launenhafte O-Line. Quarterback Matthew Stafford ist unter Druck nur mehr ein sehr unzuverlässiger Spielmacher. Minnesota, mit einem zumindest nach außen hin geläuterten Adrian Peterson, ist damit der erste Verfolger. Eine Einschätzung, unbereinigt von noch folgenden Rückschlägen. Chicago, nach dem Ausfall von Quarterback Jay Cutler mit dem groben Missverständnis Jimmy Clausen (wie konnte sich der Mann in der Liga halten?) under center, wird so zumindest kein Faktor mehr werden.

Die NFC South: Nichts ist mehr heilig

Nachdem sich die New Orleans Fans wieder das "Sackerl der Schande" über ihre Köpfe stülpen können, ist der Weg für Carolina und Atlanta geebnet. Die Panthers-Defense ist nach wie vor in der Lage, Gegner tödlich zu verletzen, und was Julio Jones gerade bei den Falcons macht, führt ihn, zumindest bei einer gewissen Ausdauer, am Ende direkt in die Hall of Fame der NFL. Da derjenige, der diese Artikel redigiert, ein großer Fan der Tampa Bay Buccaneers ist und ich nicht möchte, dass mehr Fehler als notwendig drinnen sind, sage ich zu den Bucs nur so viel: super Gameday, und mit Jameis Winston hätte den Bucs auch Schlimmeres widerfahren können. Eine ehrliche Frage sei gestattet: Warum wurde es nicht Mariota?

Edit: Dieser Frage schließt sich der Redigierende kommentarlos, an.

Die NFC West: 49 Probleme

Vier Interceptions, neun Pässe für 67 Yards. Das die Bilanz durch die Luft für Colin Kaepernick gegen Arizona. Quarterback ist nicht die einzige Position auf der San Francisco massive Probleme hat. Die Entscheidung, den Head Coach-Posten einfach mal dem D-Line Coach Jim Tomsula zu übergeben, die sah damals schon wie eine Notlösung aus. Nach der 7:47 Niederlage gegen die Cardinals ist es nur mehr Not, mit gar wenig Aussicht auf Lösung. Da war gar nichts mehr. Tomsula mag als Rhein Fire Chef in Deutschland super ausgesehen haben, ein solcher Sessel in der NFL scheint aber deutliche Übergröße für ihn zu haben. Am Sonntag empfangen die 49ers Green Bay. Ein Spiel, welches sie eigentlich nur mehr gewinnen können, da auch der eigene Anhang mit der nächsten Ohrfeige rechnet.

Erneut einen ganz starken Start in die Saison erwischten die eben erwähnten Arizona Cardinals, die mit New Orleans, Chicago und San Francisco allerdings noch keine allzu schweren Aufgaben vor sich hatten. Die Höhe der Siege spricht trotzdem für sie. Als die Cardinals 2009 in der Super Bowl standen, da war ihre Quarterback Kurt Warner 37 Jahre alt. Zur Super Bowl 50 ist Carson Palmer dann 36. Zusammen mit dem 32-jährigen Receiver Larry Fitzgerald, der gegen San Francisco so viele Pässe von Palmer fing, wie Kaepernick im gesamten Spiel komplettierte, bildet er eine "Rentner-Gang" vor der man sich durchaus in Acht nehmen muss. Vor allem Seattle, welches als Favorit in die Saison hinein stolperte und sich auch beim Sieg über Chicago nicht mit Ruhm bekleckerte, wird so leicht nicht an den Wüstenvögeln vorbei kommen. Im Vorjahr gab es noch einen recht eindeutigen Sweep für die Seahawks (19:3, 35:6). Die Rolle von St. Louis ist noch offen. Der Sieg zum Auftakt gegen Seattle scheint mit +350 Yards Offense bereits ein Feuerwerk gewesen zu sein, gegen Washington und Pittsburgh wirkte der Rams Angriff dann aber ideenlos und eindimensional, ihre Freunde mögen dazu geradlinig sagen.

Football im TV

Für die Saison 2015 hat sich Pro7/Sat1 ein umfangreiches Rechtepaket von 50 Livespielen gesichert. Pro7maxx überträgt jede Woche ein Frühspiel (19 Uhr) und im Anschluss ein Abendspiel (22.05 oder 22.25 Uhr). Davon profitiert auch Puls 4, das 30 Spiele live überträgt. Jeden Sonntag ein 22.25-Uhr-Spiel, die zwei Nachmittagspartien (15.30 Uhr) aus dem Wembley-Stadion – die erste bereits am kommenden Sonntag – sowie alle Playoffs, sprich vier Wildcard-Games, vier Divisional Playoffs, die beiden Conference-Finals und die Super Bowl 50. Alle 30 Partien darf ich zusammen mit Michael Eschlböck kommentieren. Sport1US hat den Zug anfangs verpasst und sich nachträglich die Rechte für die Nachtspiele am Donnerstag (2.25 Uhr) sowie Sonntag und Montag (jeweils 2.30 Uhr) geholt. Alle Spiele live, den Redzone Channel und Condensed Games gibt es im NFL Gamepass zu sehen, der in der Vollversion, dank Dollarkurs, mittlerweile allerdings wohlfeile 250 Eier kostet. Das Sportportal Spox hat Onlinerechte für ausgesuchte Spiele erworben. (Walter Reiterer, 1.10.2015)

Das NFL-TV-Programm der Woche 4:

Pittsburgh Steelers – Baltimore Ravens
Nacht Donnerstag auf Freitag, 2.25 Uhr, Sport1US/spox.com

Miami Dolphins – New York Jets
Sonntag, 15.30 Uhr, Puls 4/Pro7maxx

Buffalo Bills – New York Giants
Sonntag, 19 Uhr, Pro7maxx

San Francisco 49ers – Green Bay Packers
Sonntag, 22.25 Uhr, Puls 4/Pro7maxx

New Orleans Saints – Dallas Cowboys
Nacht Sonntag auf Montag, 2.30 Uhr, Sport1US/spox.com

Detroit Lions – Seattle Seahawks
Nacht Montag auf Dienstag, 2.30 Uhr, Sport1US/spox.com

Schöne Spiele und vielleicht bis Sonntag. Ihr Walter Reiterer.