Kiew – Einen Tag nach dem Gipfeltreffen in Paris zur Ukraine-Krise haben beide Konfliktparteien mit dem Abzug von Panzern und kleineren Waffen von der Frontlinie in der Ostukraine begonnen. Nachdem am Samstag zunächst die prorussischen Separatisten in der Region Luhansk den beginnenden Rückzug meldeten, erklärte auch die ukrainische Armee den Start des Prozesses.

Die bewaffneten Kräfte in der Region Luhansk (Lugansk) hätten den Abzug gestartet, berichtete die Nachrichtenagentur der Rebellen am Samstag. Ein Konvoi von Panzern habe sich zu einem Ort 15 Kilometer hinter der Frontlinie in Bewegung gesetzt. Der Rückzug erfolge "entsprechend der Vereinbarung von Minsk". Die Informationen waren zunächst nicht von unabhängiger Seite zu überprüfen.

OSZE gefragt

Die Rebellen in der Region Donezk dagegen erklärten, erst nach dem 18. Oktober mit dem Abzug zu beginnen, wenn die Waffenruhe halte. Es sei Aufgabe der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE), "als Verantwortliche", den Zeitpunkt zu bestimmen, sagte Separatistenkommandeur Eduard Basurin vor Journalisten.

Der ukrainische Armeesprecher Andrej Lyssenko erklärte, die Armee werde ab Samstagnachmittag mit dem Abzug beginnen. Dasselbe werde von den Rebellen erwartet, niemand wisse aber, wohin sich der Panzerkonvoi bewege.

Frankreichs Präsident Francois Hollande hatte bereits nach dem Treffen mit der deutschen Bundeskanzlerin Angela Merkel, dem russischen Präsidenten Wladimir Putin und dem ukrainischen Staatschef Petro Poroschenko am Freitag in Paris angekündigt, dass ein Abzug von Waffen mit einem Kaliber unter 100 Millimetern aus der Pufferzone in der Nacht auf Samstag beginnen solle. Die Umsetzung dieser Vereinbarung im Zuge des Abkommens von Minsk wird mehr als 40 Tage dauern.

Brüchige Vereinbarung

Nach der im Februar geschlossenen Friedensvereinbarung von Minsk sollten eigentlich Waffen mit einem Kaliber von mehr als 100 Millimetern von der Frontlinie abgezogen werden. Die Vereinbarung wurde jedoch immer wieder gebrochen, was nach Angaben internationaler Beobachter zum Tod von mehr als tausend Menschen führte.

Bei dem Gipfeltreffen in Paris wurde am Freitag auch vereinbart, dass die für Ende Oktober geplanten ukrainischen Lokalwahlen verschoben werden sollen. Mit der Verschiebung auf das kommende Jahr soll ermöglicht werden, dass die Wahlen landesweit gemäß den Vereinbarungen des Minsker Friedensplans abgehalten werden.

Schon mehr als 8.000 Tote

Die von den Rebellen in Kürze geplanten Wahlen sollen abgesagt werden. Merkel sagte, auch Putin habe sich "verpflichtet", darauf einzuwirken, dass die Wahlen so stattfinden, wie im Minsker Abkommen vorgesehen. "Das heißt nach ukrainischem Recht, in Absprache zwischen den Separatisten in Donezk und Luhansk mit der ukrainischen Regierung." Sowohl die Rebellen als auch Moskau äußerten sich zunächst nicht zu der Ankündigung.

Ziel der Beratungen war es, die Umsetzung der Minsk-Abkommens zu beschleunigen, das den Konflikt mit mehr als 8,000 Toten beenden soll. Seit Februar gab es in einigen Bereichen Fortschritte – unter anderem wird seit Anfang September eine Waffenruhe weitgehend eingehalten. Doch in vielen Punkten stockt die Umsetzung des Friedensabkommens, insbesondere auf politischer Ebene. Poroschenko sagte nach dem Treffen, der Krieg sei erst beendet, wenn keine Gebiete mehr besetzt seien.

Die Regierung in Kiew und westliche Regierungen werfen Moskau vor, die Separatisten unter anderem mit eigenen Soldaten zu unterstützen. Russland bestreitet dies. Die EU verhängte deswegen Wirtschaftssanktionen gegen Moskau. Zum Jahresende soll geprüft werden, ob sie schrittweise aufgehoben werden, sofern es Fortschritte bei der Umsetzung der Minsker Vereinbarungen gibt. (APA, 3.10.2015)