Nickelsdorf/Wien – Der Flüchtlingszustrom an den burgenländischen Grenzübergängen hat sich auch in der Nacht auf Montag fortgesetzt. Seit Mitternacht kamen nach Angaben der Landespolizeidirektion Burgenland in Nickelsdorf rund 2.500 Flüchtlinge mit Zügen aus Ungarn an. Am Sonntag (zwischen 0 und 24 Uhr) wurden demnach insgesamt 5.800 Grenzübertritte von Asylwerbern registriert.

In der Nacht auf Montag haben rund 4.700 Menschen in Notquartieren im ganzen Land übernachtet, sagte Gerry Foitik, Bundesrettungskommandant des Österreichischen Roten Kreuzes. Weitere 3.000 wurden in den Morgenstunden an den Sammelstellen betreut. Pro Tag kämen etwa 5.000 bis 7.000 Menschen nach Österreich, sagte Foitik. Diese würden zu 99 Prozent nach Deutschland weiterreisen, nachdem sie einen Tag und eventuell eine Nacht im Land verbracht haben.

In Oberösterreich hat das Rote Kreuz am gesamten Wochenende 4.000 Flüchtlinge betreut, teilte die Hilfsorganisation am Montag mit. Während in der Nacht auf Samstag 960 und in der Nacht auf Sonntag 590 Menschen in den bereitgestellten Quartieren nächtigten, betrug die Auslastung in der Nacht auf Montag mit 2.449 Männern, Frauen und Kindern sogar etwas mehr als 100 Prozent. Denn die Kapazitäten waren für 2.420 hilfesuchende Menschen ausgerichtet. Durch schon vorbereitete zusätzliche Betten "war diese Überbelegung jedoch kein Problem", erklärte das Rote Kreuz.

Serbien errichtet neues Camp

Auch die Zahl der Flüchtlinge, die die Balkanstaaten durchqueren, bleibt weiter hoch. Vergangene Woche trafen in Serbien täglich zwischen 2.000 und 4.000 Flüchtlinge ein, am Wochenende stieg die Zahl wieder, es kamen an den beiden Tagen insgesamt 10.000 Menschen im südserbischen Preševo an. Unweit davon wird in Bujanovac an der Grenze zu Mazedonien laut Behördenangaben ein neues Flüchtlingscamp errichtet. Dieses soll nach den Worten von Arbeitsminister Aleksandar Vulin auch zur Registrierung von Neuankömmlingen dienen.

In Camps gibt es laut dem Leiter des zuständigen Regierungskommissariats, Vladimir Cucić, landesweit derzeit Platz für rund 3.000 Flüchtlinge. Seit Ungarn Mitte September seine Grenze zu Serbien dichtgemacht hat, versuchen tausende Flüchtlinge über Kroatien weiter nach Nordwesten zu gelangen.

In Kroatien betrug die Gesamtzahl der Flüchtlinge in den letzten knapp drei Wochen rund 115.300 hieß es weiter. Am Wochenende kamen insgesamt rund 11.100 Flüchtlinge an, teilte das kroatische Innenministerium mit. Am Montag bis 12 Uhr gab es weitere 3.500 Neuankünfte.

Die Befürchtungen, dass Ungarn bereits am Wochenende seine mit Drahtzaun geschützte Grenze zu Kroatien schließt, haben sich nicht verwirklicht. Trotz der Ankündigungen aus Ungarn funktioniere diese Route nach wie vor vollständig, sagte Innenminister Ranko Ostojić am Montag vor dem Transitlager in Opatovac laut kroatischen Medienberichten.

Ausweisungen in Ungarn

In Ungarn hätten die Richter in der Stadt Szeged am Wochenende 33 Urteile gegen Flüchtlinge wegen illegalen Grenzübertritts gefällt, zitierte die Nachrichtenagentur MTI am Montag eine Gerichtssprecherin. Demnach wurden 14 Flüchtlinge für ein Jahr und 19 für zwei Jahre mit sofortiger Wirkung des Landes verwiesen. Die Urteile sind rechtskräftig. Die meisten Angeklagten hätten sich als Syrer, Afghanen und Iraker ausgewiesen, wobei auch Dokumente aus dem Kosovo und Pakistan vorgelegt worden seien, teilte die Sprecherin mit.

Seit Inkrafttreten der neuen Flüchtlingsgesetze am 15. September muss jeder, der den 175 Kilometer langen Zaun an der ungarisch-serbischen Grenze überwindet, mit einer Freiheitsstrafe von bis zu drei Jahren rechnen. Bis zu fünf Jahren Haft drohen wenn der Zaun für die Flucht beschädigt wird. Bisher wurden laut Polizeiangaben in diesem Zusammenhang insgesamt 563 Verfahren angestrengt. In 542 Fällen ging es um illegalen Grenzübertritt mittels Überwindung, in 21 Fällen durch Beschädigung des Zaunes. Am Sonntag flohen 5.925 Menschen nach Ungarn, 5.875 über die kroatisch-ungarische, der Rest über die serbisch-ungarische Grenze.

Österreichischer Beitrag zu Hotspots

Für die elf sogenannten Hotspots, an denen Flüchtlinge in Italien und Griechenland registriert werden sollen, ehe sie ihren weiteren Weg nach Europa fortsetzen können, sucht das Europäische Unterstützungsbüro für Asylfragen (Easo) 374 Experten.

Es sei die größte Ausschreibung in der Geschichte der Easo, die 2011 gegründet wurde, erklärte die Organisation mit Sitz in Malta in einer Aussendung. Die Experten, die von den EU-Mitgliedsländern abgestellt werden, sollen die italienischen und griechischen Behörden bei der Registrierung von Schutzsuchenden unterstützen. Außerdem sollen sie Maßnahmen zur Umsiedelung von Flüchtlingen ("Resettlement") implementieren und Dokumentenfälschungen aufspüren.

Österreich will bis zu 100 Experten nach Griechenland entsenden, um beim Aufbau des dortigen Hotspots zu helfen. In diesen Zentren sollen Ankommende aber nicht zur mittels Fingerabdrücken erfasst werden, sondern auch bereits sogenannte Wirtschaftsflüchtlinge ausgesiebt und unmittelbar zurückgeschickt werden. Bis Ende November sollen sie einsatzbereit sein. Bundeskanzler Werner Faymann (SPÖ) reist am Dienstag nach Griechenland, um sich ein Bild über die Bedingungen des geplanten Registrierungszentrums auf der Insel Lesbos zu machen.

Klagen in Tschechien

In Tschechien haben indes 123 Flüchtlinge aufgrund schlechter Bedingungen in den Unterbringungen Klage gegen den Staat eingereicht. Das bestätigte das Polizeipräsidium am Montag gegenüber Medien. Für Justizminister Robert Pelikan von der populistischen Protestpartei ANO sind die Umstände dort "in einigen Aspekten schlechter als im Gefängnis".

Seit Wochen wird Kritik am Umgang der tschechischen Behörden mit der Flüchtlingskrise laut. Hilfsorganisationen prangern an, dass schutzsuchende Menschen – darunter Kinder – in mit Stacheldraht umzäunten Internierungslagern festgehalten werden. Justizminister Pelikan verwies darauf, dass Flüchtlinge nur aufgrund erforderlicher Amtshandlungen wie ihre Registrierung festgehalten werden dürften. Nach seinen Angaben würden sie jedoch keinerlei Informationen über die Länge ihres Aufenthalts in den Einrichtungen erhalten.

Um die EU-Außengrenze zu sichern, wird Tschechien außerdem in einer ersten Etappe rund 25 Soldaten nach Ungarn schicken. Das beschloss das Mitte-Links-Kabinett in Prag am Montag. Verteidigungsminister Martin Stropnicky erklärte, Ungarn verhalte sich bei der Bewachung der Grenze entgegen verbreiteter Kritik "verantwortungsvoll".

Zugleich lehnte die tschechische Regierung vor dem am Donnerstag beginnenden Treffen der EU-Innen- und Justizminister in Luxemburg erneut eine feste Quoten-Regelung für Flüchtlinge ab. "Es gibt keinen Grund für die EU-Kommission, jetzt überstürzt einen dauerhaften Umverteilungsmechanismus durchzusetzen", sagte der sozialdemokratische Ministerpräsident Bohuslav Sobotka. (APA, 5.10.2015)