Das Ergebnis der Parlamentswahlen am vergangenen Sonntag ist ideal für völlig entgegengesetzte Interpretationen. Ein Sieg für die rechten Autoren der Sparpolitik, jubeln die einen. Ein Sieg der Linken in Portugal, die anderen. Nur regieren lässt sich weder von rechts – dafür fehlt die Mehrheit – noch von links. Denn dort will nicht zusammengehen, was rechnerisch zusammengehört.

Es kann also auf eine große Koalition der Konservativen mit den Sozialisten hinauslaufen – zumindest bei den wichtigen, von Berlin und der Troika diktierten Themen. Weiteres Sparen, weitere Privatisierungen stehen auf dem Plan. Doch trotz des Beifalls aus Berlin und Brüssel gibt es Hoffnung für diejenigen, die eine Abkehr von der Sparpolitik anstreben. In Griechenland regiert mit Syriza eine Partei, die einen europäischen Politikwechsel will. In Irland könnte dies Sinn Féin nachmachen. Und auch in Spanien stehen am 20. Dezember Wahlen an. Ein Sieg der Antiausteritätspartei Podemos ist nicht wahrscheinlich. Doch stark genug, um Druck auszuüben, wird sie sein.

In Madrid wie in Lissabon wird ein Durchregieren damit schwieriger. Und die Sozialisten, ob in Portugal oder in Spanien, werden mit Bedacht vorgehen, wenn es um Sparauflagen geht. Eine große Koalition mit der Rechten könnte die verbleibenden Wähler endgültig enttäuschen. Pasok in Griechenland hat das vorgemacht. Der Kurswechsel kommt langsamer als gedacht, aber aufzuhalten ist er kaum. (Reiner Wandler, 5.10.2015)