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Allein am Montag überquerten 6100 Flüchtlinge die Grenze bei Nickelsdorf.

Foto: Reuters / Leonhard Foeger

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Kanzler Werner Faymann ließ sich von Griechenlands Premier Alexis Tsipras am Dienstag zwei Registrierungsstellen für Migranten, sogenannte "Hotspots", auf der von Flüchtlingen überlaufenen Insel Lesbos zeigen. Österreich werde laut Faymann einen Beitrag leisten.

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Wien/Spielfeld – "Es ist wie abgerissen", sagt der steirische Polizeisprecher Leo Josefus. Seit gut einer Woche seien de facto keine Flüchtlingsbewegungen an der steirisch- und kärntnerisch-slowenischen Grenze mehr zu beobachten. "Es ist total ruhig", sagt Josefus. Ähnlich ist die Situation an der Grenze in Kärnten.

Für österreichische Sicherheitsbeamte, die vor Ort in Kroatien und Slowenien koordinierend eingesetzt sind, ist die Stille an den Grenzen zur Steiermark und zu Kärnten einfach erklärbar: Solange der neue Korridor durch Ungarn funktioniere, werde kaum jemand nach Spielfeld, Bad Radkersburg oder Kärnten ausweichen, heißt es.

Täglich bis 7000 Flüchtlinge

Noch würden über die Route Griechenland-Mazedonien-Serbien-Kroatien-Ungarn täglich 6000 bis 7000 Flüchtlinge Richtung Deutschland geschleust. Auf dem Weg nach Norden werden die Flüchtlinge "in keinem Land registriert", sagt ein österreichischer Sicherheitsbeamter im Standard-Gespräch. Sie würden nur durchgewinkt, von den jeweiligen Behörden in Empfang genommen und ans Nachbarland weitergegeben.

Anstieg in Wien prognostiziert

Auch in Wien wurde punkto Flüchtlingszahlen ein kleiner "Durchhänger" in den vergangenen vier Tagen festgestellt, wie Flüchtlingskoordinator Peter Hacker sagte. "Aber wir rechnen damit, dass wieder ein größerer Anstieg kommt." Dieser sei schon in der Nacht auf Dienstag bemerkbar gewesen. Stadträtin Sonja Wehsely (SPÖ) führte das kurze Absinken auf Staus bei Sammellagern an den EU-Außengrenzen zurück. Hacker rechnet damit, dass bis Jahresende noch einmal etwa 130.000 Flüchtlinge nach Wien kommen werden. So viele wurden von der Stadt im September in Wien gezählt.

Wien übernimmt Erdberg-Quartier

Das bisherige Asylbundesquartier in Wien-Erdberg wird am 1. November von Wien übernommen, gab Hacker bekannt. Die Betreuung erfolgt durch mehrere Hilfsorganisationen. Die aktuelle Betreiberfirma ORS, die auch in Traiskirchen zuständig ist, kommt nicht mehr zum Einsatz. Laut Wiens Bürgermeister Michael Häupl (SPÖ) will auch Tschechien in der Flüchtlingsfrage künftig mehr Solidarität zeigen: Häupls Amtskollege aus Brünn habe ihm in einem Brief angeboten, einige Hundert Asylwerber zu übernehmen.

Hoffnung auf "Hotspots"

Die österreichische Regierung setzt nun alle Hoffnungen auf die baldige Einrichtung von "Hotspots" an den EU-Außengrenzen, damit die Flüchtlinge bereits dort registriert und in der Union verteilt – oder bei fehlendem Asylgrund abgewiesen – werden. Nach dem Ministerrat am Dienstag reiste Kanzler Werner Faymann (SPÖ) zu einem Treffen mit dem griechischen Premier Alexis Tsipras, um sich auf der Insel Lesbos ein Bild über die Bedingungen für ein solches Zentrum zu machen. "Du wirst sehen, dass das Problem ein europäisches Problem ist", sagte Tsipras auf dem Flughafen zu Faymann. Gemeinsam besichtigten die Politiker zwei Registrierungsstellen, bereits am Vormittag hatte Faymann versichert, dass Österreich bei der Inbetriebnahme der Zentren einen Beitrag leisten werde.

Konkret hat die Republik schon die Entsendung von hundert Experten angekündigt. Innenministerin Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) erklärte am Dienstag, dass ihr Ressort die Hälfte davon stellen könne. Auf STANDARD -Anfrage zeigte sich auch das Verteidigungsministerium bereit, "bei Bedarf selbstverständlich Spezialisten zu entsenden". Das Militär verfüge über Dolmetscher und Pioniere, aber auch Militärpolizisten könnten in den Hotspots eingesetzt werden. (David Krutzler, Walter Müller, Nina Weissensteiner, 6.10.2015)