Gerald Fleischmann, Chef der Volksbank Wien, erwartet von der Staatsbeteiligung "gesunden Druck" zum Geldverdienen.

Foto: Matthias Cremer

Wien – Die Volksbanken werden ihre Verpflichtung gegenüber dem Staat – die Rückzahlung von 300 Millionen Euro – erfüllen. Und zwar um ein, zwei Jahre früher als vorgeschrieben (2023). Dieser Überzeugung ist Gerald Fleischmann, neuer Chef der Volksbank (VB) Wien, des neuen Spitzeninstituts des Sektors. Bis dahin wird der Staat seine Beteiligung von 25 Prozent plus einer Aktie an der VB Wien halten, wobei er nur sehr eingeschränkt darüber verfügen darf. Genauer gesagt: dürfte, denn noch hat die Übertragung der Aktien nicht stattgefunden.

Diese Staatsbeteiligung irritiert Fleischmann nicht; eher im Gegenteil. "Denn", so argumentiert der studierte Mathematiker und Ex-Erste-Group-Banker im Gespräch mit dem STANDARD, "der Staat erzeugt gesunden Druck und daher Motivation dafür, dass die Volksbanken Geld verdienen". Das könne "ein Schlüssel zum Erfolg sein", immerhin stehe dem Verbund eine "Radikalkur" bevor.

Sozialpläne stehen

Wie die aussieht: 33 Fusionen bis 2017, aus 43 Volksbanken werden acht plus zwei Spezialbanken – und all das unter strenger Beobachtung der Aufsichtsbehörde EZB. Zudem will Fleischmann bis 2020 massiv Kosten sparen – was sich stark auf Mitarbeiterstand (derzeit 4800) und Filialzahl (480) auswirken wird. Sozialpläne sind bereits ausgehandelt.

Die VB Wien hat im Rahmen des Sektorumbaus (die ÖVAG wurde zur Abwicklungsgesellschaft Immigon, die Volksbanken stecken seit 2012 in einem hautengen Haftungsverbund samt Weisungsrechten des Spitzeninstituts) ÖVAG-Assets von zwei Milliarden Euro übernommen. Es gehe dabei ausschließlich um österreichische Kredite – und darin sieht der neue Bankchef "den großen Vorteil für uns".

Niedrigere Kapitalquote

Die Volksbanken seien nun eine "rein österreichische Gruppe", das wirke sich positiv auf die Eigenkapitalerfordernisse aus. Während die Großbanken wegen ihres Osteuropa-Engagements regelmäßig die Anschaffung zusätzlicher Eigenkapitalpolster vorgeschrieben bekommen (bei den Volksbanken waren es zuletzt 14,5 Prozent; die gelten aber nicht mehr), hofft Fleischmann nun auf eine niedrigere Rate. Nach dem Verkauf der Start-Gruppe (Bausparkasse, Immo-Bank), der bald perfekt sein soll, werde man bei fast zwölf Prozent hartem Kernkapital landen, rechnet Fleischmann vor – den Rest des Verdienten könne man dann für die Zahlung der 300 Millionen Euro verwenden.

Die neuen Volksbanken selbst sollen "einfach, einfach, einfach" sein, beschreibt sie Fleischmann – und meint damit, dass sie nur klassische Kredite vergeben, Einlagen annehmen und für den Zahlungsverkehr zur Verfügung stehen werden. Alle anderen Produkte werde man zukaufen. Dass sich ein derart simpel aufgestelltes, nur in Österreich aktives Institut schwertun wird beim Geldverdienen, räumt Fleischmann durchaus ein. Dem könne man nur "mit umso mehr Effizienz" begegnen.

An die Kandare gewöhnt

Wie die Volksbanken sich in ihre neue Realität als weisungsgebundene Institute an der Kandare der VB Wien eingelebt haben? Laut Fleischmann gut: "Die Volksbanken sind dermaßen auf der Kippe gestanden, dass sie Durchgriff und Weisungsrecht nicht mehr infrage stellen." (Renate Graber, 7.10.2015)