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Für Bildungsministerin Gabriele Heinisch-Hosek (SPÖ) geht es um viel. Auch um ihr Amt.

APA / Hans Punz

Wien – Rot-Schwarz stilisiert es seit einiger Zeit quasi zum koalitionären "Safe Harbor": Nach dem Motto, wenn SPÖ und ÖVP am 17. November (irgend)eine gemeinsame Schul(verwaltungs)reform verkaufen können, dann sei das eine Art Leistungsbeweis für diese Regierung und sie wäre damit zumindest eine Zeitlang in sicheren Gewässern. Schwierig genug, dieses Unterfangen.

Aber vorher ist ein anderes bildungspolitisches Boot gerade massiv vom Kentern bedroht: das Schulbudget. Eine der größten finanziellen Baustellen, schleppt das Bildungsministerium derzeit doch ein fast schon als chronisch zu bezeichnendes, weil strukturelles Minus von 343 Millionen Euro mit sich herum.

Es fliegen die Fetzen

Bei den laufenden Verhandlungen zwischen Bildungs- und Finanzministerium fliegen dem Vernehmen nach, symbolisch gesprochen, denn auch die Fetzen. Finanzminister Hans Jörg Schelling (ÖVP) wird kommenden Mittwoch (14. Oktober) seine erste Budgetrede halten – und bis dahin muss klar sein, wie mit dem Finanzloch umgegangen wird.

Es ist mehr als ein Schaukampf zwischen Schelling und Bildungsministerin Gabriele Heinisch-Hosek (SPÖ). Das Thema hat das Potenzial, zur Überlebensfrage für die Koalition zu werden. Denn wie der STANDARD von Insidern erfahren hat, könnte ein politisch höchst brisanter Konfliktherd wieder angefacht werden: nämlich eine Erhöhung der Lehrverpflichtung um zwei Stunden. "Das Thema hat man nicht fallengelassen."

Feldschlacht um höhere Lehrverpflichtung

Damit ist Heinisch-Hoseks Vorgängerin Claudia Schmied 2009 gescheitert, und im Frühjahr führte der prophylaktische Protest der Lehrergewerkschafter (Eckehard Quin: "Das gibt eine offene Feldschlacht") dazu, dass der Plan, auf diesem Weg schnelles Geld für das Schulbudget flüssigzumachen, fürs Erste vertagt wurde. Aber die Not ist groß.

Tatsächlich ist der Spielraum in einem Ressort, das von acht Milliarden Euro Gesamtbudget fast sieben Milliarden für Personal, also Lehrerinnen und Lehrer, ausgibt, gegen null gehend.

"Mehr Geld gibt's nicht"

Woher also nehmen und nicht stehlen? Zumal ein mit der Sache Befasster die Ausgangslage so beschreibt: "Der Finanzminister hat wahrscheinlich die klarste Linie von allen in der Regierung: 'Mehr Geld gibt's nicht.' Aber er hat auch am wenigsten zu verlieren."

Mehr zu verlieren hätte da schon Heinisch-Hosek, die eine Erhöhung der Lehrverpflichtung – eine Wochenstunde mehr würde zwischen 150 und 180 Millionen Euro bringen – politisch wohl nicht überleben würde. Vor allem nicht, wenn sie es allein durchziehen müsste. Würde sie nicht.

Exitstrategie für Heinisch-Hosek

Und darum, so wird kolportiert, werde bereits "realistisch diskutiert", wohin im Ernstfall mit der Ministerin, die als SPÖ-Frauenchefin parteiintern in einer nicht zu unterschätzenden Position ist. Ein Parlamentssitz wäre das Mindeste – und könnte im Zuge von mehr oder weniger großräumigen Personalrochaden nach der Wien-Wahl allemal verfügbar werden.

Das wäre das Szenario, falls die Regierungsspitze – und nur sie könnte die "große Nummer" zur Geldvermehrung im Bildungsministerium via Lehrverpflichtungserhöhung stemmen – sagt: "Wir ziehen das durch. Wir haben ein tragfähiges Budget, den Lehrergewerkschaftern stellen wir uns gemeinsam entgegen – und das wird nicht lustig! Aber wir sind Macher, und am 17. November gibt's eine Schulreform mit ein paar netten 'Wohlfühlelementen' wie Schulautonomie, und gut ist es."

Zur Chefsache erklären

Dann wäre das Schulbudget jedenfalls endgültig Chefsache geworden. Die Entscheidung ist aber noch nicht gefallen, allerdings landen schon jetzt alle budgettechnischen Details über die Bande "Koordinierung" in Person von Kanzleramtsminister Josef Ostermayer (SPÖ) im Kanzleramt.

Nach der Wien-Wahl kann alles anders sein

Vor der Wien-Wahl wird es zur Frage "Höhere Lehrverpflichtung zur Budgetsanierung – ja oder nein?" ohnehin keine Letztentscheidung geben, glauben Beobachter. Zu viele unbekannte Variablen. Danach bleiben zwei Tage und vielleicht eine Nacht, um bis Mittwoch ein tragfähiges Schulbudget ins Gesamtbudget zu packen. Nebenwirkungen inklusive. (Lisa Nimmervoll, 8.10.2015)