Neun Bauordnungen, neun Pflegegesetze, neun Lehrersysteme: Die Auswüchse des heimischen Föderalismus wurden viel beklagt, aber nie beseitigt. Es gibt sogar Stimmen, die mehr davon wollen – etwa auch neunfache Steuerregeln für überregional tätige Unternehmen. ÖVP-Politiker fordern eine Steuerautonomie für die Bundesländer, eine Studie des wirtschaftsliberalen Thinktanks Agenda Austria bietet argumentatives Unterfutter.

Die Grundidee hat eine gewisse Logik. Statt sich ihre Kassen bequem vom Bund auffüllen zu lassen, sollen die Länder ihre Steuern selbst einheben, um mit dem Geld sorgsamer umzugehen. Im begrenzten Rahmen kann das funktionieren, etwa wenn Gemeinden die Grundsteuer anheben dürften, um Kindergärten zu finanzieren. Immobilien können ja nicht zu Steuerflüchtlingen werden.

Auf Unternehmenssteuern angewandt, droht die Autonomie aber einen gefährlichen Wettbewerb um die günstigsten Tarife auszulösen. Warum, lässt sich quer durch die EU beobachten: Mit immer neuen Steuerzuckerln haben kurzsichtige Regierungen gelockt, sodass selbst milliardenschwere Konzerne nur mehr einen Pappenstiel an Steuern zahlen; zum großen Schaden der gesamten Gemeinschaft, der die öffentlichen Einnahmen wegbrechen. Die EU versucht aus guten Gründen, dem Treiben mit Mindeststandards einen Riegel vorzuschieben – da sollte Österreich kein neues Laboratorium für Steuerdumping eröffnen. (Gerald John, 8.10.2015)