Die Rasur unerwünschter Haare gehört zu den regelmäßigen Ärgernissen für viele Menschen. Hautirritationen durch Elektrorasierer, Schnitte und Wunden bei der Nassrasur, eingewachsene Haare und ähnliche Probleme verleiden vielen die oft tägliche Routine. Doch Aussicht auf Besserung gab es bisher kaum, blieb doch die Technologie, die dem Körperbewuchs mit scharfen Klingen begegnet, im Kern stets gleich.

Nun schöpfen aber viele Hoffnung. Ein junges Unternehmen namens Skarp Technologies will den Haaren künftig per Laser zu Leibe rücken und damit eine Rasur ohne lästige Nebenwirkungen ermöglichen. Der Bedarf nach einer solchen Lösung scheint auch gegeben, denn auf der Crowdfunding-Plattform Kickstarter hat sich der neuartige Rasierer "Skarp" zu einem Millionenhit entwickelt.

Update: Kickstarter hat mittlerweile auf die Kritik am Projekt reagiert und die Crowdfunding-Kampagne gestoppt, die Initiatoren sind nun auf die Plattform Indiegogo ausgewichen – siehe Aktualisierung am Ende des Textes.

Großer Erfolg, zunehmende Zweifel

Mehr als 20.000 Unterstützer hat das Projekt bisher gefunden. Anstatt der anvisierten 160.000 Dollar sind mittlerweile rund vier Millionen zusammengekommen – auch dank beachtlicher medialer Coverage und 50.000 Facebook-Shares. Diese, abzüglich der Provision der Finanzierungsplattform, werden dem Unternehmen auch bald ausbezahlt. Denn in wenigen Tagen endet die Kampagne.

Doch Skarp könnte für Kickstarter zu einem massiven Problem werden. Denn längst mehren sich die Zweifel an der Echtheit des Projekts. Unterstützer beklagen sich über ausbleibende Antworten, im Netz wird rege darüber diskutiert, ob das Konzept von Skarp technisch überhaupt aufgeht.

Hintergründe

Federführend steht hinter dem Projekt unter anderem Morgan Gustavsson, der zu den Erfindern von IPL (Intense Pulsed Light) gehören soll, einer Technologie, die heute eines der Standardverfahren für die dauerhafte Entfernung dunkler Haare ist. Gemäß den Angaben von Skarp verfügt er über fast drei Jahrzehnte an Berufserfahrung, was den Einsatz von Licht im kosmetischen Bereich angeht. An Bord ist auch der Dermatologe Christopher Zachary von der University of California.

Gustavsson und sein Team wollen nun eine Methode gefunden haben, praktisch alle Haare mit einem Laser schneiden zu können. Ihr Rasierer besteht aus einem Griff, in dem sich Akku und Elektronik verbergen. Anstelle der Klinge befindet sich eine Auflagefläche, vor der ein dünner, lichtleitender Strang gespannt ist. Berührt dieser ein Haar, soll an dieser Stelle der Laser "zuschlagen" und dieses knapp über der Hautoberfläche abschneiden. Dabei soll es zu keinerlei Verbrennungen kommen, und das System soll auch völlig ungefährlich für Haut und Augen sein.

Demo-Videos überzeugen nicht

In zwei Videos demonstrieren die Skarp-Macher das Prinzip. Von ihren Versprechungen, das fertige System werde es ermöglichen, Rasuren etwas schneller als mit einem klassischen Rasierer durchzuführen, ist der dort gezeigte Prototyp jedoch weit entfernt. Auch andere Kritik an den Aufnahmen wird geübt. So wird angemerkt, dass die Testperson erstaunlicherweise stark darauf bedacht sei, Skarp ja nicht mit der Haut in Berührung kommen zu lassen. Dazu gibt es den Verdacht, dass ein Farbfilter genutzt wird, um die eigentliche Farbe des Lasers zu verbergen.

Die Macher erklären dazu, dass die sichtbaren Probleme vor allem daran liegen, dass man im Labor mit einer selbstgemachten Faser arbeiten müsse. Das später kommerziell produzierte Material soll wesentlich bessere Ergebnisse erzielen.

Tech Bench

Vertröstungen

Viel Kritik gab es auch bei einer Fragerunde auf Reddit. Auch hier verlangten viele Nutzer nach besserem Anschauungsmaterial, wurden aber auf später vertröstet. In der Kommentarsektion des Kickstarter-Projekts tauchen dafür immer wieder Beschwerden darüber auf, dass das Skarp-Team nicht auf Fragen eingehe. Konkrete technische Nachfragen wurden auch bereits mit dem Verweis abgeschmettert, dass man durch die Preisgabe von zu vielen Details den eigenen Startvorteil am Markt gefährden würde.

Man gibt aber an, dass das Projekt bereits sehr weit entwickelt sei und man im Grunde nur noch die Massenproduktion vorbereiten müsse. Die aktuelle Timeline sehe vor, dass die einzelnen Komponenten zwischen Mitte November und Mitte Februar produziert werden und die Auslieferung der Rasierer im Mai starten soll. Durch notwendiges Finetuning könne es aber zu Verzögerungen kommen.

Der Zeitraum von gerade einmal sieben Monaten bis zum Versand und lediglich einem Monat bis zum Herstellungsbeginn ist ebenfalls ein Aspekt, der Skeptiker in sozialen Netzwerken, Blogs, Reddit und verschiedenen Foren beschäftigt. Angesichts der wenig überzeugenden Demonstrationsvideos halten sie diese Angaben für unrealistisch.

Einige Zeichen deuten darauf hin, dass bei Skarp nicht alles mit rechen Dingen zugeht.
Foto: Skarp

Abwarten

Klar ist: Ob Skarp tatsächlich ein echtes Produkt ist, das möglicherweise die tägliche Rasur revolutioniert, lässt sich derzeit nicht sagen. Obwohl hinter dem Unterfangen offenbar Experten ihres Feldes stehen, gibt es doch einige Hinweise darauf, dass das Projekt gar nicht so weit fortgeschritten ist, wie seine Initiatoren behaupten – oder es sich überhaupt um einen Versuch schneller Geldmacherei handelt.

Der potenzielle Schaden für einzelne Unterstützer ist dabei nicht gerade gering. Denn im Gegenzug für eine Belohnung in Form eines Skarp-Rasierers ist ein Investment von 189 Dollar (rund 166 Euro) nötig. (gpi, 12.10.2015)

Update, 13.10., 08:55: Kickstarter hat die Crowdfunding-Kampagne mittlerweile gestoppt. Laut der E-Mail an die Unterstützer von "Skarp" habe man weiteres Anschauungsmaterial von den Initiatoren angefordert. Dieses sei jedoch nicht ausreichend gewesen, man sehe die Bedingung verletzt, dass für Finanzierungskampagnen für Produkte ein funktionierender Prototyp vorgelegt werden müsse.

Update, 13.10., 12:00: Nach dem Aus auf Kickstarter haben die Initiatoren des Projekts bereits eine neue Finanzierungskampagne gestartet. Sie versuchen es nun bei Indiegogo.