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Standbild aus einer Animation der holländischen Ermittler.

Foto: EPA / ROBIN VAN LONKHUIJSEN

Die Ermittler setzten Trümmer des abgestürzten Flugzeugs zusammen.

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Kommissionschef Joustra vor der rekonstruierten Boeing 777.

Foto: EPA/ROBIN VAN LONKHUIJSEN

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Internationale Experten untersuchten die Absturzstelle Anfang August.

Foto: REUTERS / Sergei Karpukhin

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Gedenken an die Opfer des Absturzes von Flug MH17 in Kuala Lumpur.

Foto: APA/EPA/STR

Rund 15 Monate nach dem Absturz der Malaysia-Airlines-Maschine MH17 über der Ukraine hat der niederländische Sicherheitsrat seinen Untersuchungsbericht veröffentlicht. Die wichtigsten Ergebnisse:

  • Die Boeing 777 wurde laut Report mit einer Rakete des Flugabwehrsystems Buk abgeschossen. Eine andere Erklärung sei nicht möglich.
  • Den Abschussort der Boden-Luft-Rakete konnten die Ermittler auf ein 320 Quadratkilometer großes Gebiet in der Ostukraine eingrenzen. Den Urheber des Abschusses ermittelten sie nicht.
  • Die niederländische Behörde zieht ihre Erkenntnisse unter anderem aus Farbpartikeln auf der Rakete, aus den lauten Geräuschen, die der Stimmenrekorder aufnahm, und aus dem Schadensbild am vorderen Teil des Flugzeugs, den sie rekonstruierten.
  • Der Sprengkopf der Rakete explodierte demnach etwa vier Meter links oberhalb der Flugzeugnase. Durch die Detonation zerbrach das Flugzeug in zehn Kilometern Höhe in der Luft. Mehrere hundert Raketensplitter schossen durch den vorderen Teil der Maschine.
  • Alle drei Crewmitglieder im Cockpit waren sofort tot. Die anderen 295 Insassen wurden vermutlich tödlich verletzt oder waren extrem schnell bewusstlos.
  • Die Ermittler werfen der Ukraine vor, dass der Luftraum zum Zeitpunkt des Abschusses wegen der Kämpfe längst hätte gesperrt sein müssen.

Kiew/Den Haag – 15 Monate nach dem Absturz einer malaysischen Verkehrsmaschine im ostukrainischen Kriegsgebiet Donbass bestätigt eine Untersuchungskommission in den Niederlanden die wahrscheinlichste These zum Hergang des Unglücks, bei dem am 17. Juli 2014 283 Passagiere und 15 Besatzungsmitglieder ums Leben kamen.

Eine Boden-Luft-Rakete des Typs Buk explodierte direkt neben der linken Cockpitseite, ihr Schrapnell zerstörte die Außenhülle des Flugzeugs und brachte es so zum Absturz. dies geht aus Tonaufnahmen im Flugzeug installierter Mikrofone hervor, so die Ermittler.

"Das Flugzeug wurde von einem Raketenkopf des Typs 9N314M getroffen, der von einer 9M38-Rakete transportiert wurde und von einem Buk-Boden-Luft-Raketensystem abgefeuert wurde", schilderte der Vorsitzende des Rats, Tjibbe Joustra.

Video der niederländischen Ermittler.
Onderzoeksraad voor Veiligheid

Vor allem die gefundenen Reste von Schrapnellen in den Leichnamen der Cockpitbesatzung hätten die Kommission zu der Einschätzung geführt.

Leiche des Kapitäns manipuliert

Dem Bericht zufolge stellten die Ermittler bei der Untersuchung der Leiche des Kapitäns der Boeing fest, dass diese bereits geöffnet worden war, um Fremdkörper zu entfernen. In der Leiche des Kopiloten fanden sich 120 Objekte, großteils Metallsplitter.

Keine Verantwortlichen ausgemacht

Die Frage, wer für die Katastrophe verantwortlich ist, bleibt vorerst jedoch unbeantwortet. Ein weiterer Untersuchungsbericht der niederländischen Staatsanwaltschaft soll 2016 fertiggestellt werden. Teile der Ostukraine werden von prorussischen Separatisten kontrolliert, die Ukraine und Russland machen sich gegenseitig für den Abschuss verantwortlich.

In dem Bericht heißt es, die Rakete könne aus einem 320 Quadratkilometer großen Gebiet abgefeuert worden sein – das entspricht drei Vierteln der Größe Wiens. "Um den genauen Abschussort festzustellen, braucht es zusätzliche forensische Untersuchungen, aber das ist jenseits unseres Mandats", sagte Joustra. Das internationale Expertenteam unter niederländischer Leitung untersuchte nicht die Schuldfrage. Diese ist Gegenstand laufender strafrechtlicher Ermittlungen. Da die meisten Opfer aus den Niederlanden kamen, leitet das Land auch die Untersuchungen.

Im niederländischen Fernsehen sagte Joustra später allerdings: "Es ist ein Gebiet, wo die Grenzen fließend waren. Aber es ist ein Gebiet, wo die prorussischen Rebellen die Kontrolle hatten." Wen man den Abschussort der Rakete genau ermitteln wolle, sei es notwendig, Bodenproben zu entnehmen und Zeugen zu überprüfen, gab er gegenüber der Zeitung "Volkskrant" an.

Passagiere wohl bewusstlos

Die meisten Passagiere hätten innerhalb weniger Sekunden nach dem Einschlag der Rakete das Bewusstsein verloren, konstatiert die Kommission. Scharfe Kritik übte sie am Unvermögen der ukrainischen Behörden, den Luftraum über dem Kriegsgebiet zu sperren. "Keine der beteiligten Parteien erkannte die Gefahr, die von dem bewaffneten Konflikt am Boden für die Luftfahrt ausgeht", so Joustra. Auch nach dem Absturz überflogen noch 160 Passagiermaschinen die Region.

Konzern will Schuldige kennen

Kurz bevor die niederländische Kommission ihr Fazit bekanntgab, präsentierte der Hersteller der Buk-Rakete, der russische Rüstungskonzern Almas-Antej, in Moskau das Ergebnis seines ballistischen Tests. MH17 wurde demnach von ukrainisch kontrolliertem Gebiet aus abgeschossen. "Falls die Boeing mit einem Buk-M1-Raketensystem abgeschossen wurde, wurde sie von einer Rakete vom Typ 9M38 von Saroschtschenske aus getroffen", sagte Konzernchef Jan Nowikow. Der ostukrainische Ort wurde zum Zeitpunkt der Tragödie von Regierungstruppen kontrolliert.

Almas-Antej habe am 7. Oktober ballistische Tests an einer Iljuschin Il-86 vorgenommen, weil der Flugzeugtyp der abgestürzten Boeing 777 gleiche, sagte Nowikow. Mehrere Ergebnisse daraus stünden im Gegensatz zu Aussagen der niederländischen Untersuchungskommission, meinte er. Dies betreffe unter anderem den Raketentyp 9M38, den die russische Armee bereits länger nicht mehr in ihrem Bestand führe.

Generalkonstrukteur Michail Malyschewski sagte, die Boeing 777 sei damals auf der linken Seite getroffen worden. Das schließe einen Beschuss von Snischne aus. Der Ort war damals von moskautreuen Separatisten kontrolliert worden. (red, APA, 13.10.2015)