Die sechs reichweitenstärksten Wiener Tageszeitungen.

Screenshot: Dossier/nzz.at

Den ersten Platz belegte die "Kronen Zeitung". Sie kassierte innerhalb der gemessenen 70 Tage einen Bruttowerbewert von 3,8 Millionen Euro für politische und öffentliche Inserate.

Screenshot: Dossier/nzz.at

Wien – Die Onlineplattform "Dossier" zählt seit August Inserate von Parteien und öffentlicher Hand in den sechs reichweitenstärksten Wiener Printmedien – das entspricht etwa einem Zeitraum von 70 Tagen vor der Wien-Wahl. Pro Tag geht es dabei um einen Bruttowerbewert von durchschnittlich 230.000 Euro.

Die genauen Zahlen müssen zwar laut Medientransparenzgesetz vor der Medienbehörde RTR offengelegt werden, sind aber erst 2016 einsehbar. Ein Grund mehr für "Dossier"-Gründer Florian Skrabal, das "Inseraterennen" zu starten: "Es ist eine Wiener Spezialität, viel Steuergeld für Inserate auszugeben. Keine andere österreichische Gemeinde inseriert annähernd so viel wie die Hauptstadt – in absoluten Zahlen und in Relation zur Einwohnerzahl. Dabei geht es um die Verschwendung von Steuergeld und um eine demokratiepolitisch heikle Praxis, die etwa in Deutschland verboten ist."

Das Inseraterennen

Im Wahlkampf fließt der Löwenanteil der Werbeausgaben der Parteien in den Printbereich – auch weil politische Werbespots im öffentlich-rechtlichen Rundfunk verboten sind. Allerdings schalten während der Wahlen nicht nur Parteien Werbung, auch öffentliche Einrichtungen annoncieren "Dossier" zufolge in dieser Zeit mehr.

Teilnehmer des Rennens

Auf die Mediaanalyse 2014 bezogen, wählte "Dossier" die sechs reichweitenstärksten Tageszeitungen in Wien für das "Inseraterennen" aus und ließ sie gegeneinander antreten.

Analysiert wurden "Heute" mit einer Reichweite von 35,4 Prozent, die "Kronen Zeitung" mit 24,3 Prozent, die Gratisausgabe von "Österreich" mit 22,0 Prozent, der "Kurier" mit 16,5 Prozent, DER STANDARD mit 11,2 Prozent und die "Presse" mit 7,7 Prozent Reichweite.

Der Gewinner

Den ersten Platz belegt die "Krone". Sie verbuchte innerhalb der gemessenen 70 Tage einen Bruttowerbewert von 3,8 Millionen Euro für politische und öffentliche Inserate.

Die Gratiszeitung "Heute" landete auf Platz zwei mit einem Bruttowerbewert von 3,4 Millionen Euro, während das Gratisformat "Österreich" mit einem Bruttowerbewert von 3,3 Millionen Euro auf Platz drei kommt.

Abgeschlagen liegen "Kurier" (1,8 Millionen Euro), "Presse" (1,5 Millionen Euro) und STANDARD (1,2 Millionen Euro). Die Wochenmagazine "News", "Profil" und "Falter" kamen auf rund 1,8 Millionen Euro.

Die Stadt Wien und ihre Betriebe inserierten im Wahlkampf laut "Dossier" wesentlich mehr als alle Parteien zusammen. Der Bruttowerbewert der Inserate der Stadt betrug demnach 4,7 Millionen Euro, jener der Parteien 3,7 Millionen.

NZZ Oesterreich

Die Preisverleihung

Zur Preisverleihung mit anschließender Podiumsdiskussion im Rahmen des Nzz.at-Clubabends am Montagabend waren die Vertreter der drei Gewinner ("Krone", "Heute", "Österreich") eingeladen. Erschienen sind allerdings nur der ehemalige "Heute"-Chefredakteur Wolfgang Ainetter und der derzeitige Chefredakteur Christian Nusser. Außerdem zu Gast waren Skrabal und Helge Fahrnberger, Leiter des Medien-Watchblogs "Kobuk". Den Pokal für den ersten Platz nahm "Heute"-Chefredakteur Nusser im Namen der "Kronen Zeitung" entgegen.

Weitere Urkunden und Preise werden persönlich oder postalisch weitergeleitet.

Podiumsdiskussion über Medien in Wahlkampfzeiten

Die Wiener Werbeausgaben gehen großteils an Boulevardmedien. Alle Parteien bekämen "gleich viel Raum" in den jeweiligen Medien, sagt Nusser. Von Ainetter auf Gefälligkeitsinterviews angesprochen – zuzüglich einer Rüge des Presserats –, will Nusser nichts davon wissen, da der Presserat "einseitig" handle. Außerdem sei "Heute" wirtschaftlich unabhängig.

Kurzzeitig stellte sich Fahrnberger auf Nussers Seite und erklärte, dass "Heute" weniger Kampagnenjournalismus betreibe als "Kurier" und "Österreich" und somit der "bessere Boulevard" sei. Zudem gab Fahrnberger zu bedenken: "Ohne 'Heute' würden weniger Menschen Journalismus blind konsumieren."

Das eigentliche Problem sieht Fahrnberger bei den Eigentümern der Boulevardmedien, denn diese würden Politik machen – nicht nur mit dem Ziel, eigene Interessen zu verfolgen, sondern auch, um wirtschaftliche Ziele zu stemmen. (sc, 13.10.2015)