Graz – Eine ausgewogene Blutgerinnung ist für den Körper essentiell. Im Falle einer Verletzung muss die Blutgerinnung sofort einsetzen, um den Körper vor großem Blutverlust zu schützen. Gerinnt das Blut jedoch zu schnell, kann es zur Bildung von Blutgerinnseln und damit zu lebensbedrohlichen Gefäßverschlüssen kommen.

Eine gut funktionierende Gerinnung ist vor allem auch bei Operationen sehr wichtig. Ein klassisches "Werkzeug" zur Steuerung der Blutgerinnung ist die Bestimmung der Konzentration von Gerinnungsfaktoren im Blut, wobei insbesondere der Gerinnungsfaktor "Fibrinogen" eine zentrale Rolle spielt.

"Traditionell erfolgt die Messung dieses Gerinnungsfaktors mit der Methode nach Clauss im Blutplasma. Neuerdings kommen schnellere funktionelle Tests zur Anwendung, wie die Thrombelastographie bzw. Thrombelastometrie, die Menge und Qualität von vorhandenem Fibrinogen prompt einschätzen und so theoretisch frühe Therapieentscheidungen ermöglichen", erklärt Harald Mangge vom Klinischen Institut für Medizinische und Chemische Labordiagnostik der Med Uni Graz.

Unterschiedliche Messergebnisse

In einem interdisziplinären Team untersuchten nun die Grazer Wissenschafter Blutproben von Patienten kurz nach einer Herzoperation oder einem anderen großen chirurgischen Eingriff mittels der klassischen Fibrinogenmessung nach Clauss und der schnelleren neuen Methoden. Dabei waren deutliche Unterschiede im Messergebnis zu beobachten, wie die Forscher betonen.

Während das traditionelle Verfahren im Blutplasma und somit unter Notwendigkeit einer zeitaufwändigen Zentrifugation vor der eigentlichen Untersuchung durchgeführt wird, arbeiten die neu entwickelten viskoelastischen Verfahren direkt im Vollblut und können somit rascher durchgeführt werden. "Das traditionelle Verfahren misst die Konzentration eines wichtigen Gerinnungsfaktors im Plasma, während die neuen Tests neben einer abgeleiteten Konzentration primär die Qualität und die Festigkeit des bei der Blutgerinnung entstehenden Gerinnsels beurteilen", erklärt Harald Mangge.

Diese Gerinnselfestigkeit wird für den im Operationssaal tätigen Anästhesisten "real time" vom Laboratorium als Messwert und Graphik zur Verfügung gestellt und soll so helfen, die Blutgerinnung des Patienten rasch abzuschätzen.

Diskrepanz zwischen Messmethoden

Wurden in der Vergangenheit vor allem die zu geringe Gerinnungsfähigkeit des Blutes sowie Blutungen während der Operation als bedrohlich angesehen, so zeigen aktuelle Forschungsergebnisse, dass auch ein "Zuviel" an Blutgerinnung oder eine übermäßige Therapie mit Risiken wie etwa einer Thrombose oder eines Gefäßverschlusses verbunden sein können.

Die Grazer ForscherInnen überprüften nun bei herz- und allgemeinchirurgischen Patienten zwei neue am Markt befindliche Meßgeräte und verglichen deren Ergebnisse mit dem traditionellen Verfahren der Fibrinogenmessung nach Clauss. Sie fanden bei ihrer Untersuchung heraus, dass zwischen den neuen Testverfahren systemabhängig unterschiedliche Ergebnisse bezüglich der Qualität des Gerinnsels vorlagen, wodurch die Aussagekraft und die Ableitung therapeutischer Konsequenzen problematisch werden können.

Weitere Forschung notwendig

Je nachdem welchen Test man benützt, können in der klinischen Praxis die Konsequenzen durchaus unterschiedlich sein. "Während beispielsweise die Ergebnisse eines der beiden Tests nahelegen Gerinnungssubstanzen künstlich zuzuführen, zeigt der andere Test bei derselben Blutprobe eine noch zufriedenstellende Blutgerinnung an.

Weitere Forschungen sind den Forschern zufolge dringend nötig, um eventuell nicht notwendiges künstliches Zuführen von Gerinnungssubstanzen zu vermeiden. "Neben dem Kostenaspekt muss vor allem auch das Risiko von embolischen Komplikationen, die Gefäßverschlüsse mit sich bringen, beachtet werden", resümiert Harald Mangge. (red, 13.10.2015)