Drei Monate hat der Umbau dieses urtypischen Naschmarktpromibeisls gedauert. Bis auf die tragenden Teile ist kaum ein Stein auf dem anderen geblieben. Die dem Markt zugewandte Fischtheke – bei der Gründung vor bald 20 Jahren noch die Keimzelle des später dazugekommenen Lokals – wirkt noch einmal deutlich abgespeckt, sie kann jetzt leicht übersehen werden. Damit wird auch das Umar wieder zu dem, was es vor Jahren in einem ganz anderen Sinne schon gewesen ist: eine für den Naschmarkt charakteristische Lokalität.
Das Restaurant wirkt im Vergleich zu vorher jetzt deutlich gediegener. Erkhan Umar hat dafür Innenarchitektin Birgit Eschenlor engagiert – sie gestaltete etwa das On Market – und darf sich über antik wirkende Schiffböden und eine geflieste Schank freuen. Klingt insgesamt recht karg, nur: Viel mehr Gestaltungswillen lässt sich bei drei vollverglasten Außenwänden kaum unterbringen.
Frankophiler Küchenchef
Auch in der Küche soll es in Zukunft eher wie in einem Restaurant zugehen. Bisher hatte sich die Wahl der Zubereitungsarten der Fische bekanntlich auf gegrillt oder gegrillt im Ganzen reduziert – dazu gab es Mangoldgatsch mit Erdäpfeln oder umgekehrt. Für diese Baustelle wurde kein Geringerer als Alexander Mayer geholt, der frankophile, mit einem Michelinstern ausgezeichnete Küchenchef des Restaurants Vincent, das im Sommer wohl endgültig entschlafen ist. Mayer werkt bis Jahresende als Konsulent, er soll der Küchenmannschaft ein paar zeitgemäße Techniken beibringen und vermitteln, dass Mut beim Würzen in der Fischküche auch jenseits von Knofelöl eine gute Idee sein kann.
Das gelingt der Mannschaft streckenweise schon ganz gut. Bouillabaisse (siehe Bild) wird als cremige Fischsuppe serviert, in der separat gedämpfte Filetstücke und ein paar fette, saftige Muscheln schwimmen. Die auf der Karte angekündigte Rouille, eine Art würzige Mayo, findet den Weg zum Tisch jedoch nicht und auch sonst hat die Suppe mit einer echten Bouillabaisse nur den Namen gemein. Sie schmeckt aber wunderbar dicht, die Filets sind aufmerksam gegart, die Muscheln frisch und nicht zu Gummi verkocht.
Kalmar wird wie je gegrillt, dazu gibt es nun aber eine Art Harissa-Mayonnaise mit köstlich kreuzkümmeliger Note – sehr gut. Ganz wunderbar auch das Bohnen-Sepia-Ragout, auf dem ein gebratenes Filet vom Petersfisch serviert wird – letzteres allerdings im klassischen Umar-Stil mit deutlich niedergebrutzeltem Grillplatten-Aroma.
Saftl statt Sud
Kabeljau wird auf der Haut mit deutlich mehr Achtsamkeit gebraten, da blättert das Fleisch wächsern und saftig von der knusprigen Hülle. Schade nur, dass sich die dazu angekündigte Salsa verde als gar kraftloses grünes Saftl entpuppt, keine Spur von jenem satten, petersiliengrünen Muschelsud, von dem Alexander Mayer zuvor am Telefon geschwärmt hatte.
Erkhan Umar freut sich auf einen Kombidampfofen, mit dem die kleine Küche in naher Zukunft ausgestattet werden soll, damit endlich auch "mehr gedünstete Speisen" auf die Karte finden. Als erster Versuch wird der im Ganzen gegarte Drachenkopf aus dem Rohr angekündigt. Der ist zwar von tadelloser Frische, das Fleisch fest, saftig, straff – bei der Würze aber lässt die Küche komplett aus: Selbst Salz durfte dieser Fisch, wenn überhaupt, nur in homöopathischen Dosen kosten, Kräuter oder andere Würzmittel scheinen gemeinsam mit Knoblauch auf den Index geraten zu sein. Schade, oder, besser: fade. Dazu gibt es, wie gehabt, gedünsteten Mangold und, tatsächlich eine Neuerung, gut gegarte Butterkartoffeln in der Schale. (Severin Corti, RONDO, 16.10.2015)