Bunabass Ceesay spricht gerne über Fußball.

Andreas Hagenauer

Von Wolfsberg kann man ziemlich leicht nach Graz gehen.

Andreas Hagenauer

Wenn Sissy an seinem Ring dreht, lächelt er. Eigentlich lächelt Sissy ziemlich oft, und eigentlich heißt Sissy auch Bunabass Ceesay. Der junge Gambier sitzt auf der Tribüne der Lavanttal-Arena in Wolfsberg und unterhält sich am liebsten über Fußball. Der Sport ist die einzige Konstante, der rote Faden, der sich durch sein junges Leben zieht. "Ich denke den ganzen Tag an nichts anderes, ich will von früh bis spät trainieren und es schaffen, Profi zu werden. Das ist mein einziger Wunsch", sagt er.

Im Alter von 14 Jahren musste Ceesay sein Heimatland Gambia verlassen. Sein Vater war knapp vier Jahre zuvor bei einem Verkehrsunfall ums Leben gekommen. Er kam ins Visier von Erbstreitigkeiten, hatte plötzlich Angst um sein Leben. Es musste schnell gehen: "Ich habe in der Nacht meine Sachen gepackt und bin zu Fuß los. Es gab keinen anderen Ausweg." Seine Mutter habe er zurückgelassen, Kontakt gibt es seither keinen. Einziges Erinnerungsstück ist der Ring an Ceesays Finger.

Kicken und die Gretchenfrage

Sein Weg führte den Buben, großteils zu Fuß und mit einem Schlauchboot, über die Türkei nach Griechenland. Dort lebte er auf der Straße, hatte oft nichts zu essen. Über Ungarn und Traiskirchen kam Ceesay ins Toskana-Haus für unbegleitete minderjährige Flüchtlinge bei Graz.

Angekommen, blieben Ceesays Füße im Mittelpunkt seines Lebens: "Ich habe mit den anderen Kindern dort die ganze Zeit gekickt." Bald habe er sich erkundigt, "bei welchem Verein man in Graz denn am besten anfängt zu spielen". Die Gretchenfrage des Grazer Fußballs sollte ihm ein Probetraining beim unterklassigen GAK verschaffen. Man zeigte sich begeistert: "Er hat uns überzeugt. Seine Schnelligkeit ist herausragend", sagt Heinz Lienhart, ehemaliger GAK-Profi. Der 36-Jährige ist nicht nur Tormanntrainer beim Verein, sondern kümmert sich auch privat um den jungen Flüchtling, geht mit ihm einkaufen, kocht und steht ihm in rechtlichen Fragen bei. Neben dem Fußballspielen besuchte Ceesay eine polytechnische Schule in Graz. Er war ein guter und fleißiger Schüler. Vaterersatz will Lienhart dennoch keiner sein, dafür sei die "Geschichte des jungen Gambiers zu ungreifbar".

Plötzlich 19

Wenn Ceesay über Fußball spricht, glänzen seine Augen. Vorbild? Klar, Lionel Messi. Zukunftspläne? "Ich möchte bei Real Madrid spielen, viel Geld verdienen und damit anderen jungen Flüchtlingen helfen." Aber vor Madrid ist da noch Wolfsberg: Nach zwei guten Saisonen beim GAK, der mit Mannschaft, Trainer und Fans "eine Familie" für Ceesay geworden sei, kam er auf Leihbasis zum Kärntner Bundesligisten WAC. Dort soll er über die zweite Mannschaft den nächsten Schritt Richtung Profi gehen.

Wenn Ceesay aber über sein Alter spricht, wird er wütend. Im Erstaufnahmezentrum Traiskirchen wurde mittels Handröntgen sein Geburtsdatum bestimmt, Ceesay war um eineinhalb Jahre älter. Statt 17 plötzlich 19. "Ich verstehe es nicht, wieso mir nicht einfach geglaubt wird", sagt er und schüttelt den Kopf.

Ceesay lebt jetzt in Wolfsberg, hat dort eine eigene Wohnung, am liebsten kocht er afrikanisch. Die Distanz zu Graz und den letzten Jahren sei kein Problem: "Graz? Wie weit ist das? Das geh ich dir locker zu Fuß", sagt er und dreht lächelnd an seinem Ring. (Andreas Hagenauer, 16.10.2015)