Warschau – Die Linke in Polen fordert Ermittlungen wegen öffentlich getätigter "faschistischer und rassistischer" Aussagen des Chefs der rechtskonservativen Oppositionspartei "Recht und Gerechtigkeit" (PiS), Jaroslaw Kaczynski. Kaczynski hatte vor "epidemiologischen Gefahren", ausgelöst durch die Aufnahme von Flüchtlingen, gewarnt, berichtete die Zeitung "Gazeta Wyborcza" am Donnerstag.
Der Vorsitzende der linksliberalen Partei Deine Bewegung" (TR), Janusz Palikot, kündigte deshalb an, Anzeige gegen Kaczynski wegen der Förderung von Faschismus und Rassismus erstatten werde, sollte die Staatsanwaltschaft keine Ermittlungen einleiten. Palikot verglich Kaczynskis Rhetorik mit jener von Adolf Hitler und Joseph Goebbels.
Bei einem Wahltreffen am Montag hatte Kaczynski erklärt, dass die Aufnahme von Migranten aus dem Nahen Osten die öffentliche Gesundheit gefährden könnte. Bereits jetzt würden gefährliche Krankheiten in Europa vermehrt in Erscheinung treten, meinte Kaczynski: "Alle Arten von Parasiten und Bakterien, die in den Organismen dieser Menschen harmlos sind, können hier gefährlich werden".
Ruhr in Wien
Als Beispiel nannte er die Cholera auf den griechischen Inseln oder die Shigellen-Ruhr in Wien. Tatsächlich wurden in der Bundeshauptstadt drei Fälle der bakteriellen Darminfektion bei Flüchtlingsfamilien bekannt. Die Zahl sei aber bei über 100.000 durch die Stadt gereisten Flüchtlingen extrem gering, erklärte die Sektionsleiterin für Öffentliche Gesundheit.
Kaczynski ortete aber in Polen ein "reales Problem". Außerdem seien zuständige Dienste in Polen für solche "Gefahren" ungenügend vorbereitet. Erst kürzlich hatte Kaczynski behauptet, Muslime wollten in Polen "Scharia-Zonen" einrichten und machten "Kirchen zu Aborten".
Die Flüchtlingsbewegungen in Europa sind seit mehreren Wochen eines der wichtigsten Themen im Wahlkampf vor der kommenden Parlamentswahl, die am 25. Oktober stattfindet. Weil die Bevölkerung wie in den anderen osteuropäischen Ländern mehrheitlich gegen die Aufnahme von Flüchtlingen ist, bemühte sich die rechtsliberale Regierungspartei "Buergerplattform" (PO) vergeblich, das Thema in der innenpolitischen Auseinandersetzung zu meiden. Die rechtskonservative Opposition setzte daher ganz bewusst auf Anti-Einwanderungsrhetorik. (red, APA, 15.10.2015)