Als Google vor etwas mehr als zwei Jahren die erste Generation seines Chromecasts vorstellte, wussten viele nicht so recht etwas damit anzufangen. Ein Gerät, mit dem man über das Smartphone Musik und Videos an den Fernseher schicken kann – wozu braucht man in Zeiten, in denen jeder Fernseher "smart" ist und jede Spielekonsole ein Media-Center hat, noch ein eigenes Gerät? Doch schnell stellte sich heraus: Gerade die konzeptionelle Reduktion zog die Käufer in Scharen an. Mit mehr als 20 Millionen verkauften Exemplaren entwickelte sich der günstige HDMI-Stick zu einem der erfolgreichsten Hardwareprojekte des Unternehmens.

Chromecast: The Next Generation

Vor kurzem wurden nun die zweite Generation des Chromecasts vorgestellt, das Konzept bleibt gleich, die Hardware hat hingegen so manche Wandlung durchgemacht. Und das beginnt schon bei den Äußerlichkeiten: Die Form des klassischen HDMI-Sticks ist einem runden Design gewichen. Etwas mehr als fünf Zentimeter misst das neue Chromecast, das einmal angesteckt mit seinem flexiblen HDMI-Kabel an der Rückseite des Fernsehers herunterbaumelt. Dieses Design hat zur Folge, dass das Chromecast gänzlich hinter dem TV verschwindet, das bisherige Stickformat war zum Teil über das Gehäuse hinausgestanden – je nach Aufbau des Fernsehers.

Chromecast 2 und Chromecast Audio.
Foto: Andreas Proschofsky / STANDARD

Wohl durchdacht ist das Design: Die Rückseite des 39 Gramm schweren Geräts ist leicht magnetisch, wodurch das HDMI-Kabel für Reisen angeheftet werden kann. Fraglos ist dies nur ein Detail, aber trotzdem ist es gut zu sehen, dass sich Google auch über solche Kleinigkeiten Gedanken macht. Eine externe Stromversorgung über ein USB-Kabel, das entweder an einen freien USB-Slot am Fernseher oder einen Stromstecker gehängt werden kann, ist wie schon beim ersten Chromecast weiterhin notwendig.

Verbindung

Der wirkliche Grund für die runde Form des Chromecasts ist aber an anderer Stelle zu suchen – beherbergt das Gehäuse doch jetzt drei Antennen, die die Empfangsqualität im Vergleich zum Vorgänger deutlich verbessern soll. Dazu kommt, dass das neue Chromecast nun 5-GHz-Netzwerke nach 802.11ac unterstützt. Dies ist vor allem für den städtischen Bereich wichtig, wo der 2,4-GHz-Frequenzbereich oft bereits dicht ist – was wiederum unweigerlich zu Übertragungsproblemen führt.

Das Kabel des Chromecast 2 haftet magnetisch am Gehäuse – praktisch zum Transportieren.
Foto: Andreas Proschofsky / STANDARD

Benchmark

Und tatsächlich resultieren all diese Maßnahmen in einem deutlich gestiegenen Datendurchsatz, wie ein Test mit speed4cast zeigt. In mehreren Testläufen kam das neue Chromecast konsistent auf die doppelte Übertragungsrate des Vorgängers. Da sich dieser Effekt auch im Vergleich zu einem Nexus Player zeigt, dürfte dies vor allem am Antennendesign liegen, da die Android-TV-Box mit Google-Cast-Support ebenfalls bereits 5-GHz-Netze unterstützt. Ob dieser Performanceboost auch im Alltag wirklich spürbare Auswirkungen zeigt, hängt von der eigenen WLAN-Situation ab. Wer schon jetzt keine Probleme beim Streaming von 1.080-p-Inhalten hat, wird mit dem neuen Chromecast wenig Unterschiede bemerken. Alle, die hingegen bisher regelmäßig von Buffering-Pausen und reduzierter Bildqualität geplagt sind, sollten diese Effekte mit der neuen Hardwaregeneration deutlich seltener sehen – so das Problem nicht an anderer Stelle zu suchen ist.

Maximale Auflösung

Die maximale Auflösung bleibt bei 1.080 p, den Schritt zu 4 K vollzieht man bisher also nicht. Dass das neue Chromecast im Titel des Google-Store-Listings als "Chromecast 1.080 p" gelistet wird, lässt allerdings ahnen, dass der Hersteller auch andere Auflösungen für die Zukunft im Auge hat. Die Hardware des Chromecast 2 würde übrigens auch auch das Casten von 1080p@60-Videos zulassen, dies ist derzeit von Google aber offenbar (noch?) nicht aktiviert. Interessant könnte dies etwa im Zusammenspiel mit Youtube Gaming sein.

Im direkten Größenvergleich: das Chromecast der ersten Generation (mit HDMI-Verlängerung, die zur Signalverstärkung genutzt wurde) sowie sein Nachfolger.
Foto: Andreas Proschofsky / STANDARD

Technische Details

Die nötige Rechenkraft für all dies liefert ein neuer ARM-Prozessor, der von Marvell geliefert wird. Der Armada 1500 Mini Plus SoC (88DE3006) ist ein Dual-Core-Chip, der mit 1,3 GHz getaktet wird und speziell für solche Geräte wie das Chromecast entwickelt wurde. Dieser verspricht eine 2,5-mal so starke Performance im Vergleich zum ersten Chromecast, ob sich dies angesichts der eingeschränkten Nutzungsszenarien wirklich bemerkbar machen wird, ist natürlich eine andere Frage. Wichtiger ist hier der Hardware-Codec-Support. Aufgrund mangelnder Informationen durch den Hersteller gibt es dabei derzeit aber noch eine große Unbekannte, nämlich ob das neue Chromecast VP9 und H.265 direkt unterstützt.

Software

In Fragen bezüglich Software und Funktionalität bleibt alles beim Alten: Die Nutzer können Musik, Videos und Bilder von ihren iOS- oder Android-Smartphones und Tablets an das Chromecast schicken, das diese dann am Fernseher wiedergibt. Wobei diese Formulierung genau genommen nicht ganz stimmt: Eigentlich teilt das mobile Gerät dem Chromecast nämlich nur mit, wo es sich die Inhalte besorgen soll, die dann direkt aus dem Netz oder von einem lokalen Media-Server an den Fernseher gestreamt werden. Basis hierfür ist Googles Cast-Protokoll, das mittlerweile von praktisch allen relevanten Apps und Services unterstützt wird. Von Netflix über die ORF TVthek bis zu Spotify und natürlich all den Google-eigenen Services reicht hier die Palette. Eine unrühmliche Ausnahme bildet Amazon Prime Video, der Onlinehändler versucht durch den Verzicht auf Google-Cast-Support Druck für seine eigene Streaming-Hardware zu machen.

Dank des flexiblen Kabels verschwindet das neue Chromecast gut hinter dem Fernseher.
Foto: Google

Mirror

Alternativ kann das Chromecast aber auch genutzt werden, um Inhalte direkt an den Fernseher zu schicken, ähnlich wie es andere Technologien wie Miracast oder AirPlay erlauben. Unter aktuellen Android-Versionen kann dies beispielsweise zum Screencasten genutzt werden. Und mit einer Browser-Erweiterung für Chrome können auch beliebige Web-Inhalte an den Fernseher geschickt werden. Die Qualität der Übertragung hängt dabei nicht zuletzt von der Power des eigenen Rechners ab, immerhin muss für diesen Weg alles vor der Übertragung transkodiert werden. Die maximale Auflösung beträgt dabei derzeit 720 p, in der Betaversion der Chrome-Erweiterung kann aber auch bereits 1.080 p ausprobiert werden.

Fast Play

Unter dem Namen "Fast Play" verspricht Google zudem eine weitere Beschleunigung der Interaktion mit dem Chromecast. Genau genommen geht es dabei um zwei unterschiedliche Dinge. Der erste Teil ist das sogenannte App Preloading: Starten die Nutzer am Smartphone eine entsprechende App, lädt ein im selben WLAN befindliches Chromecast automatisch die zugehörige Google-Cast-Komponente. Dies führt dazu, dass die gewohnte Wartezeit nach dem Drücken auf den Cast-Button praktisch vollständig entfällt. Immer ist die passende Google-Cast-App bereits in Stellung.

Ausprobiert

Eine wirklich feine Sache, allerdings gibt es dabei einige Details zu beachten. So müssen die diversen Serviceanbieter das App-Preloading explizit aktivieren, derzeit tun dies aber noch wenige. Netflix bildet hier eine positive Ausnahme, Googles eigenes Youtube nutzt diese Möglichkeit hingegen noch nicht. Zudem klappt das Ganze nur, wenn das Chromecast zuvor nicht aktiv benutzt wurde. Wechselt man direkt vom Casten durch eine App auf eine andere, entfällt dieser Vorteil also. Das App-Preloading funktioniert übrigens auch mit dem ersten Chromecast, ein Hardwareupgrade ist hierfür also nicht notwendig.

Intelligenter Buffer

Der zweite Teil von Fast Play ist derzeit noch reine Theorie, soll er doch laut Google erst Anfang 2016 folgen. Künftig können Apps das Chromecast dazu veranlassen, Videoteile bereits vorab zu buffern. Im konkreten Fall sieht dies dann so aus: Bereits wenn eine Nutzerin die Details zu einer Serienepisode betrachtet, werden die ersten Sekunden des Videos an das Chromecast geschickt. Drückt die Userin dann auf den Play-Knopf, erfolgt das Abspielen am Fernseher umgehend, die gewohnte Wartezeit auf das Buffern des Clips verschwindet komplett.

Neue App

Parallel zur neuen Chromecast-Generation wurden auch die zugehörigen Apps für Android und iOS runderneuert. War diese bisher jenseits des Einrichten des HDMI-Sticks weitgehend nutzlos, soll sie nun zur Medienzentrale werden. Über einen eigenen Tab sollen populäre Inhalte aus installierten, Chromecast-fähigen Apps zentral angeboten werden. Zumindest auf unseren Testgeräten war von der versprochenen Funktionalität bisher allerdings wenig zu bemerken. Stattdessen gibt es eine schnöde Liste von allen installierten, Chromecast-unterstützenden Apps. Angesichts dessen, dass bei Tests von US-Seiten all dies sehr wohl zu sehen ist, dürfte es sich dabei wohl um eine lokale Begrenzung handeln – warum das sinnvoll sein soll, weiß natürlich nur Google selbst.

Die neue Chromecast-App in all ihren verschiedenen Ansichten.
Screenshots: Andreas Proschofsky / STANDARD

Zentrale

Schon jetzt wirklich nützlich ist hingegen, dass die Chromecast-App auch als zentrale Fernsteuerung genutzt werden kann. So werden nicht nur alle im Netz befindlichen Chromecasts angezeigt, das Abspielen kann auch pausiert oder fortgesetzt werden. Als sehr nützlich erweist sich dies vor allem, wenn man eine Cast-Verbindung unterbrechen will, die eine andere Person initiiert hat. Zudem sind einige neue Quellen für den Chromecast-Screensaver hinzugekommen. Es lassen sich nun also auch Breaking News an dieser Stelle darstellen sowie Bilder von Facebook, Flickr oder aus der Google Street Art-Sammlung übernehmen. Die Google-Photos-Anbindung, um eigene Alben als Hintergrund zu benutzen, gibt es ja schon länger.

Chromecast Audio

Doch zurück zur Hardware: Denn neben dem Chromecast 2 hat Google noch eine zweite Variante seiner Streaminglösung präsentiert – das Chromecast Audio. Die Hardware ist dabei weitgehend gleich, statt eines HDMI-Steckers gibt es hier allerdings einen Mini-Klinken-Anschluss. Alternativ können Musikanlage oder Boxen auch per RCA oder optischer Verbindung mit dem Chromecast Audio verbunden werden, entsprechende Kabel sind im Lieferumfang jedoch nicht enthalten.

Das Chromecast Audio: Die Rillen sollen an eine Schallplatte erinnern.
Foto: Andreas Proschofsky / STANDARD

Fragt sich, wozu man ein solches Gerät braucht, wenn man doch ohnehin Musik per Bluetooth an die eigenen Boxen übertragen kann? Einerseits ist durch das Streamen per WLAN natürlich eine höhere Audioqualität möglich. Vor allem aber ist die Wiedergabe hier nicht von der räumlichen Nähe des jeweiligen Smartphones abhängig. Der jeweilige Besitzer kann eine Party auch verlassen, und die aktuelle Playlist wird bis zu ihrem Ende abgespielt – immerhin erfolgt die Datenübertragung hier direkt aus dem Internet. Zudem entfallen all die üblichen Störungen, die bei Bluetooth-Übertragunen üblich sind – etwa durch Anrufe oder Benachrichtigungen. Und über einen Gastmodus ist es einfach, Besuchern Zugang zum Chromecast zu erlauben, ohne ihnen Zugang zum eigenen WLAN gewähren zu müssen. Die Umsetzung ist dabei durchaus clever gelöst: Das Chromecast sendet bei Bedarf einen PIN-Code zur Autorisierung als unhörbarer Ton aus. Auf diese Weise wird sichergestellt, dass nur Smartphones und Tablets die Steuerung übernehmen können, die sich auch wirklich im gleichen Raum befinden. Diese Möglichkeit gibt es übrigens für alle Chromecasts, ist also nicht auf die Audiovariante beschränkt.

Warten auf kommende Updates

Alles sehr fein, und doch ist es schade, dass Google die Hardware ohne einige der spannendsten Möglichkeiten auf den Markt bringt. Künftig soll es nämlich auch möglich sein, gemeinsam mit anderen Nutzern Playlists zusammenzustellen. Außerdem soll ein späteres Update erlauben, mehrere Chromecast Audios synchron zu betreiben, sodass dann etwa eine ganze Wohnung rundum beschallt werden kann.

App-Auswahl

Im Vergleich zum Video-Chromecast ist die Zahl der unterstützenden Apps bisher noch eher gering, nimmt Google hierfür doch lediglich reine Audio-Apps an. Dazu gehören derzeit etwa Google Play Music, Spotify, Pocket Cast oder TuneIn. Bei Spotify gibt es übrigens eine etwas seltsame Einschränkung: Das Casten an das Chromecast Audio funktioniert nur, wenn die Nutzer ein bezahltes Abo haben, beim Chromecast 2 klappt es auch mit werbefinanzierten Gratis-Accounts.

Foto: Google

Abstellen, sofort

Ein Tipp: In den Einstellungen zum Chromecast Audio findet sich ein Punkt namens "Playback Sounds", der aus unerfindlichen Gründen von Haus aus aktiviert ist. Ein Abschalten sparte viele Nerven bei der Lautstärkenänderung. Zudem lässt sich dort auch eine High-Dynamic-Range-Option für AVR- und Hifi-Systeme aktivieren.

Verfügbarkeit

Sowohl Chromecast 2 als auch Chromecast Audio können über den Google Store bestellt werden, der Preis liegt jeweils bei 39 Euro. Die Standardvariante des neuen Chromecasts ist ganz in Schwarz gehalten, wer es gern etwas bunter hat, bekommt auch Ausführungen in Gelb und Rot. Das Chromecast Audio gibt es nur in schwarz, dafür ist die Oberfläche hier leicht gerillt, was an eine Schallplatte erinnern soll.

Fazit

Die Stärken des Chromecast 2 sind dieselben, die auch schon den Vorgänger ausgezeichnet haben: Vom Setup bis zum Abspielen von Musik und Videos ist die Nutzung extrem einfach. Und um einen Preis von 39 Euro liegt es in jener Region, die viel zu einem Impulskauf veranlasst, über den man nicht länger weiterdenken muss. Wer noch keine entsprechende Streaminglösung hat, wird mit dem Chromecast 2 jedenfalls hervorragend bedient. Dies gilt freilich auch für die Konkurrenten von Amazon (FireTV-Stick) und Roku (Streaming-Stick). Welches dieser Geräte man bevorzugt, ist nicht zuletzt eine Frage davon, welche Nutzungszenarien man hat und welche Services eingesetzt werden sollen. Alle deckt hier leider bisher kein einzelner Anbieter ab.

Audio

Ein rein auf Audio ausgerichtetes Chromecast mag manchen seltsam vorkommen, aber auch hier ist die Stärke die Reduktion. Klar geht all das Gebotene auch mit extra dafür vorgesehenen Lösungen wie jenen von Sonos, diese sind aber üblicherweise erheblich teurer. Mit dem Chromecast Audio lassen sich hingegen vorhanden Hifi-Anlagen oder Boxen schnell zur Streaming-Jukebox aufrüsten.

Upgrade

Bleibt zum Schluss noch die Frage: Lohnt ein Upgrade auf die neue Hardwaregeneration? Für die allermeisten Nutzer lautet die Antwort darauf: Nein. Wer bisher keine Probleme mit seinem Chromecast hat, wird durch das Chromecast 2 wenig gewinnen, funktionell sind beide bisher gleich. Einzig wer beim Fernseher einen schlechten WLAN-Empfang hat, könnte von der neuen Version wirklich profitieren. Alle anderen sind mit dem ersten Chromecast bisher ebenso gut bedient. (Andreas Proschofsky, 19.10.2015)