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Ein Palästinenser im Gaza-Streifen wirft einen Tränengaskanister zurück.

Foto: AP Photo/ Khalil Hamra

Ramallah – Nach einem Tag relativer Ruhe in Israel und den Palästinensergebieten haben die Palästinenserorganisationen zu einem "Freitag der Revolution" aufgerufen. Im israelisch besetzten Westjordanland und im Gazastreifen waren im Anschluss an das muslimische Freitagsgebet Demonstrationen vorgesehen. Der UN-Sicherheitsrat kommt am Freitag zu einer Dringlichkeitssitzung zusammen.

Josefsgrab angezündet

Im Westjordanland wurde unterdessen eine für Juden heilige Stätte in Brand gesetzt. Ziel des Anschlags in der Nacht auf Freitag sei das Josefsgrab bei Nablus gewesen, teilten die israelische Armee und palästinensische Sicherheitskreise mit. Bei dem Anschlag kamen demnach Molotowcocktails zum Einsatz, das Feuer sei inzwischen gelöscht worden. Es seien schwere Schäden entstanden.

Soldat mit Messer attackiert

In der jüdischen Siedlung Kiryat Arba bei Hebron griff ein Palästinenser einen israelischen Soldaten mit einem Messer an und verletzte ihn leicht. Der Attentäter, der sich als Reporter getarnt hatte, sei erschossen worden, erklärte das israelische Militär am Freitag.

Netanyahu will Abbas treffen

Ministerpräsident Benjamin Netanyahu kündigte an, dass er angesichts der jüngsten Welle der Gewalt zu einem Treffen mit Palästinenserpräsident Mahmoud Abbas bereit sei. Zudem bestätigte er, dass die USA angeboten hätten, Gespräche in Jordanien zu vermitteln. Er sei völlig offen für ein solches Treffen mit Abbas und arabischen Spitzenpolitikern, so Netanyahu. "Ich denke, es ist unter Umständen sinnvoll, weil es die Welle der Aufstachelung stoppen könnte."

UN-Sicherheitsrat berät

Wegen der Gewalteskalation berät der UN-Sicherheitsrat am Freitag zur Lage. Die Beratungen wurde vom Ratsmitglied Jordanien nach einem Treffen der arabischen Botschafter beantragt. Der palästinensische Gesandte Riyad Mansour bezeichnete die Situation als "hoch explosiv" und rief den UN-Sicherheitsrat ebenfalls auf, seiner Verantwortung nachzukommen und die Gewalt zu stoppen.

Palästinensische Organisationen riefen für zu Protestkundgebungen auf. Im von Israel besetzten Westjordanland und im Gazastreifen waren im Anschluss an das muslimische Freitagsgebet Demonstrationen vorgesehen.

Die israelische Polizei kündigte am Donnerstagabend an, zum Freitagsgebet auf dem Jerusalemer Tempelberg würden aus Sicherheitsgründen nur Männer im Alter von über 40 Jahren zugelassen. Der Tempelberg ist das wichtigste Heiligtum im Judentum und nach Mekka und Medina das drittwichtigste Heiligtum im Islam.

Soldaten verstärken Polizei

Nach Angaben der israelischen Armee werden am Sonntag 300 Soldaten die in Jerusalem stationierte Polizei verstärken. Schon am Donnerstag zeigten die israelischen Sicherheitskräfte in der zwischen Israelis und Palästinensern umstrittenen Stadt massive Präsenz. Mit Gewehren bewaffnete Polizisten und Grenz-Einsatzkräfte kontrollierten Plätze, Kreuzungen und Straßen und patrouillierten an Stellen, wo sie sonst nicht zu sehen waren.

Angesichts der anhaltenden Gewalt wächst die Sorge vor einer dritten Intifada. US-Außenminister John Kerry reist in den kommenden Tagen in den Nahen Osten. In vorab veröffentlichten Auszügen aus einem Gespräch mit dem Radiosender NPR rief Kerry Palästinenserpräsident Mahmoud Abbas ausdrücklich dazu auf, zu keiner Gewalt gegen Israelis aufzuwiegeln. Es gebe keine Entschuldigung für Gewalt, sagte Kerry in dem Interview, das am Freitag ausgestrahlt werden soll – so hoch die Frustration auch sein möge. Bisher hatte Kerry stets beide Seiten zur Zurückhaltung aufgerufen. Es ist das erste Mal, dass er sich nun direkt an Abbas wandte.

Spirale der Gewalt

Das israelische Sicherheitskabinett hatte am Mittwoch die Polizei ermächtigt, die arabischen Viertel in Ostjerusalem im Fall von Spannungen abzuriegeln oder eine Ausgangssperre zu verhängen. Weitere Maßnahmen sehen unter anderem vor, die Waffengesetze für Israelis zu lockern. Sechs Armeekompanien werden der Polizei unterstellt, um vor allem die Überwachung der Sperranlage zum Westjordanland zu verstärken. Die Wohnhäuser von Attentätern sollen künftig binnen 72 Stunden zerstört und an ihrer Stelle keine neuen Bauten erlaubt werden.

Seit Monatsbeginn wurden bereits mehr als 30 Palästinenser getötet, rund die Hälfte davon waren Attentäter, die im Zuge ihrer Anschläge erschossen wurden. Im gleichen Zeitraum starben sieben Israelis bei Attentaten. Die meisten Attentäter kamen aus arabischen Vierteln Ostjerusalems. Erst am Dienstag hatten zwei Attentäter in einem Linienbus neben Messern auch eine Schusswaffe eingesetzt und zwei Passagiere getötet. Zudem starb ein Rabbiner, als ein Palästinenser in einem ultraorthodoxen Viertel von Jerusalem mit seinem Auto eine Bushaltestelle rammte.

Israel hatte Ostjerusalem nach dem Sechstagekrieg 1967 besetzt und später annektiert. Die Uno erkennt die Annexion nicht an. Israel betrachtet Jerusalem als seine "unteilbare" Hauptstadt, während die Palästinenser den Osten der Stadt zur Hauptstadt eines eigenen Staates machen wollen. (APA, 16.10.2015)