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2019 soll die Zentrale so aussehen.

Rendering: capp.at

Wien – Der braune Siebzigerjahre-Klotz mit seinen an verspiegelte Skifahrer-Sonnenbrillen erinnernden roten Fenstern wird bald Geschichte sein. Am Montag nämlich präsentierte der Hauptverband der Sozialversicherungen die Pläne für die Sanierung der 13.000 Quadratmeter großen Versicherungszentrale in Wien-Landstraße. Aus 65 eingereichten Projekten (zweistufiger, EU-weiter Generalplaner-Wettbewerb) ging das Pariser Büro Chaix & Morel et Associés als Sieger hervor.

"Unser Haus ist ein gepflegter Oldtimer, aber nach 40 Jahren Betrieb ist klar, dass er den Anforderungen einer modernen Rennstrecke nicht mehr genüge tut", sagte Josef Probst, Generaldirektor des Hauptverbands. Der neue Wagen soll nicht nur schöner werden, sondern vor allem auch grüner. Derzeit werden verschiedene Untersuchungen gemacht, welche Energiequellen und welche Temperierungsmaßnahmen (Erdwärme, Grundwassernutzung, Anzapfen des Donaukanals etc.) die effizientesten sind. Festlegen möchte man sich noch nicht. Unklar ist auch, ob das neue Gebäude zertifiziert werden soll oder nicht.

Weiße Lamellen in der Fassade sollen die Vertikalität des 15-geschoßigen Hauses unterstreichen. Grüne Gärten am Dach des Turms sowie über dem neu geplanten Konferenztrakt entlang der Erdbergstraße sollen den Mitarbeitern, die während der Bauphase in ein Ausweichquartier übersiedeln sollen (noch ist man auf der Suche nach einer passenden Immobilie mit guter öffentlicher Anbindung), als sommerlicher Pausenort zur Verfügung stehen. Nicht zuletzt wolle man mit der Dachlandschaft der Stadt ein bisschen Grün zurückgeben.

Größter Profit für die Bevölkerung jedoch ist die geplante Grundstücksöffnung zur Kundmanngasse und zum Ida-Bohatta-Platz. Hier soll ein öffentlicher Platz mit Grünelementen, Restaurant und Schanigarten entstehen. Derzeit sei man in Verhandlungsgesprächen mit Bezirk und Stadt Wien, so Direktor Probst. Diese jedenfalls ist von den Plänen höchst angetan. "Das Projekt von Chaix & Morel ist das einzige, das sich nicht nur mit dem Haus an sich auseinandergesetzt hat, sondern auch mit der umgebenden Stadt", sagt Rudolf Zabrana (SP), Vorsteher-Stellvertreter des dritten Bezirks. "Das wird das Haus Wittgenstein endlich wieder spürbar machen."

Genau das war die Intention der Architekten. Beim Entwurf, meint Architekt Walter Grasmug, Partner bei Chaix & Morel, habe man sich sehr stark am denkmalgeschützten Haus Wittgenstein (1928) orientiert. Der von Philosoph Ludwig Wittgenstein und Architekt Paul Engelmann errichtete Bau, der im Hinterland des Hauptverband-Bürohauses ein elendes Schattendasein fristet, ist eines der wenigen überlebenden Beispiele der Wiener Moderne. "Wir wollten mit den hellen, verschachtelten Kuben nicht nur an die Architektursprache von Wittgenstein anküpfen", so Grasmug, "sondern haben auch den Sockel luftiger und transparenter gestaltet, sodass die beiden Bauwerke in Zukunft leichter miteinander kommunizieren können."

Man wird sehen, ob dieser Dialog ein hörbarer werden wird oder nicht. Mit etwas Glück (und etwas mehr Zukunftssinn als anno 1976) wird der Sanierung des Hauptverbandhauses eine längere Lebenszeit widerfahren als dem 1976 errichteten Monster mit seinen roten Fensterscheiben. "Wir und die nächsten Generationen werden das Haus die nächsten 40 bis 45 Jahre lang nutzen", meinte Volker Schörghofer, stellvertretender Generaldirektor des Hauptverbands. "Auch die Lebenszykluskosten sind für diese Zeitspanne kalkuliert." Der Start der Sanierung soll Mitte 2017 erfolgen, die Fertigstellung des 25 Millionen Euro teuren Projekts ist für Ende 2019 vorgesehen. (woj, 19.10.2015)