Man hört ihn reden, wenn man dieses Buch liest. Der ehemalige polnische Außenminister Wladyslaw Bartoszewski, der zwischen 1990 und 1995 Botschafter in Wien war, hatte eine charakteristische Stimme. Kurz vor seinem Tod im April konnte er noch seine Erinnerungen publizieren. Das Buch besteht zum Großteil aus Gesprächen mit Piotr Cywinski, dem Direktor des Museums Auschwitz-Birkenau.

199 Tage hat Bartoszewski im KZ verbracht. Er kam als 18-jähriger Maturant im September 1940 ins Lager. Die systematische Vernichtung von Juden, Sinti und Roma sowie Russen begann erst nach Bartoszewskis Entlassung 1942, wie er immer wieder betont. Aber diese Zeit hat ihn geprägt. "Alle Häftlinge waren in ein und demselben Auschwitz, doch gleichzeitig war jeder in seinem ganz eigenen. Es gab unterschiedliche Kreise der Hölle und unterschiedliche Erfahrungen."

Diese Erfahrungen haben auch seine Sicht auf Europa, auf das neue Europa nach dem Zusammenbruch des Kommunismus geprägt. Im zweiten Teil des Buches sind Auszüge einer Rede wiedergegeben, die Bartoszewski anlässlich des 60. Jahrestags der Befreiung in Auschwitz hielt. Dieses eindringliche Buch ist Bartoszewskis Vermächtnis. (Alexandra Föderl-Schmid, 20.10.2015)