Es zeichnet sich eine ziemliche Flurbereinigung in Österreichs Bankenlandschaft ab. Dagegen ist angesichts aufgeblähter Strukturen nichts einzuwenden. Völlig überraschend kommt allerdings, dass die Veränderungen im Kreditapparat von der Nummer eins der Branche ausgehen und zur Demontage selbiger führen dürften: Von der Bank Austria bleibt – wenn die vom STANDARD enthüllten Pläne umgesetzt werden – wenig übrig. Das hat auch mit einer beispiellosen Kette an Fehlleistungen der Wiener Stadtpolitik und ihrer befreundeten Finanzprofis zu tun.
Das Bank-Austria-Geschäft mit Privatkunden sowie Klein- und Mittelbetrieben soll verkauft werden, die Steuerung der Aktivitäten in Osteuropa von Wien nach Mailand abwandern. Genau auf den Verbleib dieser Bereiche in Österreich wurde immer größter Wert gelegt. Der Bank-der-Regionen-Vertrag, als dessen "Hüter" sich Bürgermeister Michael Häupl einst bezeichnete, wurde der Öffentlichkeit als Garantie für den Erhalt der Universalbank verkauft. Doch Verträge haben manchmal ein Ablaufdatum, der genannte im kommenden Jahr.
Ausgeschnapst wurde das Abkommen vor 15 Jahren anlässlich der Übernahme der Bank Austria durch die Münchner HVB, die ein gewisser Gerhard Randa nach der Schieflage infolge der Russlandkrise einfädeln musste. Später schluckte die Unicredit die Bayern und damit den Österreich-Ableger. Jetzt brauchen die Italiener Geld, während Wien finanziell und standortpolitisch durch die Finger schaut: Geschäft, Mitarbeiter und somit Einnahmen gehen, milliardenschwere Haftungen bleiben. Das hat sich die Stadt selbst zuzuschreiben. Einst kontrollierte Wien die Bank Austria über seine Stiftung AVZ (in ihr sitzen bis heute Ex-Vorstände der Bank), mit dem HVB-Deal verkleinerte sich der Anteil bedrohlich, um dann in der Unicredit-Ära nicht nur weiter zu schrumpfen, sondern auch noch wertmäßig abzustürzen.
Die Bank Austria wurde regelrecht verschleudert, was umso schwerer wiegt, als der Bank davor mit der Creditanstalt die einstige "monetäre Visitenkarte Österreichs" (© Hannes Androsch) vermacht worden war. Die eng mit der Stadt-SP verflochtenen AVZ-Manager und Nachfolger von Ausverkäufer Randa verschanzen sich hinter einem perfekt ausgeklügelten Schutzwall, der Einblicke in die Stiftung verwehrt. Häupl und seine Mitstreiter wiederum schmettern Fragen zur AVZ mit dem Hinweis ab, die Stiftung gehöre sich selbst. Selbst Abgeordnete und Rechnungshof lässt Häupls Riege regelmäßig abblitzen.
Nun soll nicht gleich das Lied vom tragischen Ausverkauf angestimmt werden, doch eines gehört klar angesprochen: Wenn die öffentliche Hand schon Vermögen besitzt, dann sollten Wertsteigerung beziehungsweise Maximierung des Verkaufserlöses Maß aller Dinge sein. Wien hat genau das Gegenteil erreicht. Doch erstaunlicherweise ist kaum ein Aufschrei zu vernehmen. Die ÖVP hat in Sachen AVZ lange mit der SPÖ gepackelt, die Grünen sind handzahm geworden, seit sie selbst am Futtertrog sitzen. Bleibt die FPÖ, die das Thema AVZ immer wieder aufgeworfen hat und auf eine Mauer des Schweigens stieß.
Die Öffentlichkeit soll besser nichts von den Vorgängen erfahren. Nur haften darf sie – übrigens nicht nur für Altverbindlichkeiten der Bank Austria: Die ausgedünnte AVZ steht für alle Schulden des Instituts gerade. Womit die Kette des Unvermögens endet. (Andreas Schnauder, 20.10.2015)