Das Schwimmbad und der Wellnessbereich hinter dem Hauptbahnhof zieht auch Besucher an, die nicht im "Wohn_Zimmer" wohnen.

Foto: Newald

Wien – Ein Schwimmbad auf dem Dach ist im geförderten Wohnbau in Wien nichts Ungewöhnliches mehr. Aber ein ganzes Wellness-Center mit einem 15 Meter langen Pool, drei Saunas, Jacuzzi und Spinning-Raum? In der im Frühjahr eingeweihten Wohnanlage "Wohn_Zimmer" im Sonnwendviertel hinter dem Wiener Hauptbahnhof wurde das verwirklicht. Es ist Teil eines Gesamtkonzepts, bei dem Wohnungen verkleinert und dafür zahlreiche Gemeinschaftseinrichtungen geschaffen wurden, darunter ein Boulder-Raum zum Klettern, eine mehrstöckige Kinderrutsche, ein Heimkino, eine große Küche mit Speisezimmer, ein schalldichter Jugendraum – und eben das Wellness-Center.

"Herausforderung"

Dieses im Rahmen der strikten Grenzen für geförderten Wohnbau zu finanzieren war eine Herausforderung, räumt Martin Orner von der EBG ein, einem der drei gemeinnützigen Bauträger, die gemeinsam mit einem kommerziellen Bauträger im Rahmen einer win4wien genannten Kooperation diese größte Anlage am Hauptbahnhof mit 427 Wohneinheiten und rund 1200 Bewohnern errichtet haben. Die 1,9 Millionen Euro Errichtungskosten für das 1000 m² große Badezentrum wurde problemlos in den Gesamtbaukosten des Projektes von 55 Millionen Euro untergebracht, sagt Orner.

Schwieriger zu finanzieren seien die Betriebskosten. Für sie bezahlt die EBG, die die Anlage verwaltet, 11.000 Euro im Monat an einen externen Betreiber und kassiert dafür einen Betriebskostenzuschlag von 30 Cent pro m² von den Bewohnern. Allerdings müssen diese auch bezahlen, wenn sie das Wellness-Center nutzen – so etwa 3,30 Euro für vier Stunden Schwimmen und 8,80 Euro für die Sauna. Das ist nicht viel weniger als die externen Besucher, die in der ersten Saison die Mehrheit der Gäste gestellt haben. Das sorgt bei manchen Bewohnern für Unmut, weil sie entweder für eine Leistung bezahlen, die sie nicht nutzen – oder doppelt, wenn sie es tun, räumt Orner ein. Man werde die Preispolitik evaluieren, habe aber nicht viel Spielraum, damit sich die Anlage rechnet.

Hohe Wohnzufriedenheit

Problematisch könnte es werden, wenn einmal das Schwimmbad erneuert werden muss. Dies müsste aus den Rücklagen der Eigentümer – und das sind neben wenigen Bewohnern freifinanzierter Dachwohnungen die gemeinnützigen Bauträger – kommen, sagt Orner.

Hat sich all dieser Aufwand für die Gemeinschaft ausgezahlt? Die Wohnungen seien alle vergeben, und die Zufriedenheit sei trotz dichter Bauweise und recht kleiner Wohneinheiten hoch. Das sandgefüllte "Gatschloch" im Hof bringt Eltern zwar zur Verzweiflung, aber die Kinder lieben es. (ef, 21.10.2015)