Bild nicht mehr verfügbar.

30 Millionen Menschen sind zur Wahl aufgerufen.

Foto: EPA/SERGEY DOLZHENKO

Kiew/Mariupol – Der Konflikt mit den prorussischen Separatisten im Osten der Ukraine hat am Sonntag die Kommunalwahlen in dem Land überschattet. In der ostukrainischen Hafenstadt Mariupol, der letzten größeren Stadt in der Konfliktregion unter Kontrolle der ukrainischen Armee, wurde die Wahl kurzfristig abgesagt. Die Wahlen gelten als wichtiger Test für den prowestlichen Staatschef Petro Poroschenko.

Probleme mit Wahlzetteln in Mariupol

Als Grund für die Absage der Wahl in Mariupol, wo prorussische Gruppen im Wahlrennen vorne lagen, wurden offiziell Probleme mit den Wahlzetteln angegeben. Der Urnengang müsse deshalb verschoben werden, teilte die städtische Wahlkommission mit. Poroschenko sagte, in Mariupol "wurde Wahlbetrug vorbereitet". Er nannte dies bei seiner Stimmabgabe in Kiew "absolut inakzeptabel".

Enttäuschte Wähler erhoben in Mariupol indes den Vorwurf, dass die 500.000-Einwohner-Stadt absichtlich ohne Verwaltung bleiben solle. Die prorussischen Rebellen im Osten des Landes hatten wiederholt versucht, die strategisch wichtige Stadt zu erobern, die zwischen den von den Rebellen kontrollierten Gebieten und der von Russland annektierten Halbinsel Krim liegt.

Rebellengebiete wählen nicht

Die Rebellen-Gebiete waren von den Wahlen ohnehin ausgenommen. Die Separatisten boykottieren den Urnengang wollen dort nächstes Jahr eigene Wahlen abhalten. Angesichts der unsicheren Lage hatten die ukrainischen Behörden aber auch beschlossen, in 122 von der ukrainischen Armee kontrollierten Kommunen an der Frontlinie keine Wahlen abzuhalten. In dem Gebiet wird seit September ein Waffenstillstand weitgehend eingehalten.

Wichtige Wahl für Präsident Poroschenko

Für Präsident Poroschenko, dem vorgeworfen wird, sein Versprechen einer raschen Beendigung des Konflikts nicht eingehalten beziehungsweise den prorussischen Rebellen zu sehr nachgegeben zu haben, sind die Kommunalwahlen von womöglich vitaler Bedeutung. Seine zerstrittene Regierungskoalition könnte an der Wahl sogar zerbrechen, was eine Auflösung des Parlaments zur Folge haben könnte. Analysten gingen davon aus, dass die Vaterlandspartei von Julia Timoschenko die Koalition verlassen könnte, sollte sie bei den Kommunalwahlen gut abschneiden.

Erstarken der prorussischen Opposition

Für die Regierung ist eines der größten Risiken bei den Wahlen zudem ein Erstarken der prorussischen Opposition in Kommunen im Süden und Südosten des Landes. In einigen Städten wie Charkow an der Grenze zum Separatisten-Gebiet oder Odessa am Schwarzen Meer könnten Anhänger des Anfang 2014 entmachteten Kreml-treuen Präsidenten Viktor Janukowitsch den Sieg davon tragen.

In Charkow stand der Janukowitsch-Getreue Gennadi Kernes zur Wiederwahl, dem Misshandlungen von proeuropäischen Demonstranten zur Last gelegt werden. In Odessa standen sich der prorussische Amtsinhaber Gennadi Truchanow und der Deutsch-Ukrainer und ehemalige Microsoft-Jurist Sascha Borowik gegenüber.

Unzufriedenheit mit Poroschenko steigt

Poroschenkos Zustimmungswerte sind stark eingebrochen. Nach jüngsten Umfragen lehnen 71 Prozent der Ukrainer seine Amtsführung ab, nachdem er im Mai 2014 noch im ersten Durchgang mit 54,7 Prozent der Stimmen gewählt worden war. Viele Ukrainer leiden auch unter steigenden Lebenshaltungskosten, Steuern und Sparmaßnahmen wegen der Auflagen der internationalen Gläubiger des verschuldeten Landes.

Die Wahllokale schließen um 19.00 Uhr. Mit Ergebnissen wurde wegen des komplizierten Auszählungsverfahrens erst in einigen Tagen gerechnet. Mehr als 1.500 internationale Wahlbeobachter waren vor Ort. (APA, 25.10.2015)