
Die Absage des "Level Up"-Panels aufgrund von Gewaltdrohungen sorgte für Empörung und Kritik.
Das South-by-Southwest-Festival (SXSW), das sich mit Musik, Filmen und interaktiven Inhalten beschäftigt, sorgt fünf Monate vor dem nächsten Termin für Aufregung. Grund ist die vorübergehende Absage eines Panels mit dem Titel "Level Up: Die Überwindung von Belästigung in Spielen" aufgrund von Gewaltdrohungen.
Auf der Veranstaltung wäre thematisiert worden, wie man Spiele und Online-Communities gestalten kann, um dem Problem mit Drohungen und Mobbing gegen Spieler Herr zu werden. Behandelt werden soziale Aspekte des Gamedesigns und mögliche Verbesserungen von Meldemechanismen. Als Sprecherinnen geladen waren Randi Harper, Katherine Cross und Caroline Sinders.
Sprecherinnen verärgert
Für besondere Verärgerung bei diesen sorgt die Begründung. Die SXSW-Organisatoren haben in ihrer Absage-E-Mail an Randi Harper erklärt, dass es wichtiger sei, den Veranstaltungsort insgesamt als friedlichen und sicheren Raum zu erhalten, als die Abhaltung einzelner Panels zu garantieren. Die Spiele-Entwicklerin Zoe Quinn kritisiert die Reaktion, eine Veranstaltung zu Belästigungen und Drohungen in Spielen eben aufgrund von Drohungen abzusagen.
Harper selbst stößt sich allerdings an der Formulierung, dass auch andere Sessions "mit Fokus auf die Gamergate-Kontroverse" abgesagt wurden. Sie, wie auch Katherine Cross betonen, dass es bei dem Panel um Lösungen zur Problemstellung geht und nicht um Gamergate. Dementsprechend habe man zu einem anderen Panel mit Gamergate-Kontext gar keine Stellung bezogen. Dazu halte sie die Sicherheitsbegründung für vorgeschoben, da die Veranstalter entsprechend geäußerte Sorgen noch vom Tisch gewischt hätten, ehe die Diskussion um ein zweites Event aufbrandete.
Auch Panel aus Gamergate-Dunstkreis abgeagt
Gemeint ist die Veranstaltung "SavePoint – eine Diskussion über die Gaming-Community", die ebenfalls abgesagt wurde. Thema dort unter anderem: Die Integrität von Spielejournalisten. Auch gegen dieses Panel soll es Drohungen gegeben haben. Wie Zoe Quinn, aber auch das Vice-Magazin belegen, war diese Veranstaltung auch mit Diskutanten besetzt, die schon einmal auf einem Gamergate-Event präsent waren.
Moderiert hätte Perry Jones, Gründer der Open Gaming Society, die ebenfalls während des Aufkommens von Gamergate ins Leben gerufen wurde. Dort hatte man sich unter anderem auf feministische Entwicklerinnen wie Brianna Wu eingeschossen. Im eigenen Manifest sieht man sich und alle Gamer als Ziel von Angriffen durch nicht näher genannte Kräfte, die die "unser Hobby zerstören und unsere Kultur demontieren wollen".
Wende
Die Absage von "Level Up" hat mittlerweile zu heftiger Kritik an den SXSW-Organisatoren geführt. Unter anderem hatten die Initiatoren und Sprecher anderer Panels ihren Boykott des Festivals in den Raum gestellt. Auch von politischer Seite gab es negative Wortmeldungen zur Vorgangsweise, etwa von der demokratischen Kongress-Abgeordneten Katherine Clark. Auch Medien, darunter Buzzfeed und das Medienhaus Vox Media, drohten, der SXSW fern zu bleiben.
Dem Druck haben sich die Organisatoren nun gebeugt, berichtet das zu Vox Media gehörende Portal Recode. Das "Level Up"-Panel könnte nun wohl doch stattfinden, sofern sich die Sprecherinnen noch zur Abhaltung bereit erklären. Man überlegt außerdem eine ganztätige Eventreihe zur Belästigungs- und Drohungs-Problematik abzuhalten und kündigt enge Zusammenarbeit mit den Behörden an, um die Sicherheit von Partizipanten und Besuchern zu gewährleisten. Über eine Wiedereinsetzung von "Save Point" ist nichts bekannt.
Drohungen gegen beide Seiten keine Seltenheit
Es ist nicht das erste Mal, dass Veranstaltungen zu gesellschaftspolitischen Aspekten von Spielen von Drohungen betroffen sind. Das gilt allerdings auch für Gamergate-nahe Panels. Im August wurde auf der Airplay Miami eine Diskussionsveranstalltung durch Bombendrohungen unterbrochen, wie Forbes berichtete.
Gamergate ist immer noch aktiv, hat jedoch aufgrund zahlreicher Vorkommnisse – unter anderem Morddrohungen gegen vorwiegend weibliche Entwickler und Journalisten von anonymen Nutzern aus dem Dunstkreis der Bewegung – für viele stark an Legitimität verloren. In der öffentlichen Debatte spielt sie nur noch eine untergeordnete Rolle.
Der Verlauf rund um die abgesagten SXSW-Panels ist unter anderem auf Neogaf und Storify dokumentiert. Die jüngsten Entwicklungen schildert auch Eurogamer. (gpi, 29.10.2015)