Auf der Suche nach zusätzlichen Steuereinnahmen, um das Haushaltsloch zu stopfen, ist das russische Finanzamt im Ausland fündig geworden: Die Steuerbehörde hat eine schwarze Liste von Ländern veröffentlicht, mit denen es entweder keinen Austausch von steuerrechtlichen Informationen gibt oder wo die Qualität des vereinbarten Austauschs die Behörde nicht zufriedenstellt.

Eine vom russischen Finanzministerium verfasste Liste umfasste bislang 40 Offshore-Jurisdiktionen. Die Steuerbehörde hat die schwarze Liste nun auf 119 Länder erweitert. Darunter sind auch viele Staaten, deren Steuergesetzgebung als transparent gilt. Unter den Betroffenen sind beispielsweise Großbritannien, die Schweiz – und auch Österreich. Auf der Liste landete auch Russlands Partner in der Brics, Brasilien, während die Steuerbehörde den Drehscheiben Zypern, Niederlande und Luxemburg einen Persilschein ausstellte.

Wien beliebte Adresse

Wien ist eine beliebte Adresse für russische Firmen. Viele Industriekonzerne verwalten über ihre österreichische Niederlassung das Geschäft, oft auch nur die Finanzen, ihrer Auslandstöchter. Zuletzt hatte der russische Ölriese Lukoil seine internationale Schmierstoffsparte in Wien zusammengezogen. Aber auch mehrheitlich staatseigene Unternehmen wie die Großbank VTB sind in Österreich aktiv.

Für diese Betriebe hat die neue schwarze Liste empfindliche finanzielle Konsequenzen: Das neue Gesetz über Hinzurechnungsbesteuerung erlaubt es dem russischen Fiskus nämlich dann, diese ausländischen Tochterfirmen auch in Russland zu besteuern. Eigentlich sollte dies durch Doppelbesteuerungsabkommen – mit Österreich haben die Russen ein solches Abkommen bereits vor 15 Jahren geschlossen – verhindert werden. Einziger Trost: Die schwarze Liste wird jährlich überarbeitet, Verhandlungen über einen besseren Datenaustausch laufen bereits.

Regierung braucht Geld

Kritiker meinen, die schwarze Liste sei einfach nur ein Versuch, der Wirtschaft neue Steuern aufzudrücken. Präsident Wladimir Putin hatte in seiner Rede zur Lage der Nation Ende 2014 den Unternehmern eine vierjährige Pause bei Steuererhöhungen zugesichert. Allerdings drückt die Wirtschaftskrise erheblich auf die Haushaltseinnahmen. Sowohl heuer als auch im kommenden Jahr wird ein Defizit von knapp drei Prozent erwartet.

Um die Haushaltslöcher zu schließen, hat die Regierung den Reservefonds – eine milliardenschwere Rücklage aus Zeiten hoher Ölpreise – angegriffen. Zuletzt hatte das Finanzministerium Anfang September 900 Milliarden Rubel (12,9 Milliarden Euro) daraus entnommen. Es wird erwartet, dass der Reservefonds heuer auf weniger als die Hälfte seiner zu Jahresbeginn umgerechnet 66,7 Milliarden Euro abschmilzt. Am Dienstag warnte dann Finanzminister Anton Siluanow davor, dass die Mittel des Fonds 2016 zur Neige gehen.

Die Regierung hofft darauf, dass 2016 ein leichtes Wirtschaftswachstum einsetzt. Die Weltbank allerdings prognostiziert im kommenden Jahr einen weiteren BIP-Rückgang von 0,6 Prozent für Russland. (André Ballin aus Moskau, 27.10.2015)