Schauspielerin Birgit Doll, hier auf einem Foto aus dem Jahr 2006, hat in den letzten Jahren vermehrt auch die Regiearbeit für sich entdeckt.

Foto: Robert Newald

Wien – Birgit Doll, 1958 in Wien geboren, war als Schauspielerin nie der Gretchen- oder Julia-Typ. Es zog sie stets eher in Richtung einer Nora oder Medea. Sie fühlte sie sich mehr den starken Frauenfiguren verbunden. Das legten schon ihr eigener Kampfgeist und ihr Temperament nahe, und nicht zuletzt ihre unverkennbar tiefe Stimme, die sie sich im Laufe ihres Lebens mit viel Tabak zurechtdunkelte.

Einmal hat Birgit Doll auch gesagt, eine Frau ohne Neurosen zu spielen interessiere sie nicht. Das Komplizierte, Zweiflerische taugte ihr einfach mehr. In ihrer Jugend habe sie sich auch auf die Seite der französischen Existenzialisten geschlagen.

Ihre Laufbahn begann Birgit Doll noch während ihres Studiums am Max-Reinhardt-Seminar. Sie debütierte 1976 am Salzburger Landestheater und spielte dann vermehrt am Volkstheater in Wien: "Nora", "Hedda Gabler", "Libussa", und für die Martha in "Wer hat Angst vor Virginia Woolf" erhielt sie 2000 schließlich den Nestroy als beste Schauspielerin. Sie spielte auch am Burgtheater und dem Josefstadt-Theater.

Engagements in Deutschland und der Schweiz

Die Theaterstadt Wien hat Doll aber auch hinter sich gelassen und Engagements an Häusern in Hamburg, Zürich, Berlin und München angetreten – an den zwei letztgenannten Orten mit für Doll prägenden Regisseuren wie Hans Lietzau oder Ingmar Bergman. In den Status eines fixen Ensemblemitglieds aber konnte sich die freiheitsliebende Künstlerin nie ganz einfügen, nicht einmal am Volkstheater, dem sie vor allem über die Person von Prinzipalin Emmy Werner stets verbunden blieb. Hier gab Birgit Doll 2002 auch ihr Regiedebüt mit dem Entwicklungshelferkrimi "Antilopen" von Henning Mankell.

Birgit Doll wurde für ihre geheimnisvoll-erschütternden Frauenrollen vielfach ausgezeichnet (neben dem Nestroy auch mit der Kainz-Medaille und dem Karl-Skraup-Preis). Für ihre denkwürdige Darstellung der Marianne an der Seite von Helmut Qualtinger in der Horváth-Verfilmung von "Geschichten aus dem Wienerwald" (1981, Regie: Maximilian Schell), erhielt sie als 21-Jährige den Bayerischen Filmpreis.

Schwierige Stoffe vor der Kamera

Fortan blieb auch die Arbeit vor der Kamera für die Schauspielerin essenziell, vorzüglich in schwierigen Stoffen: Doll spielte neben Götz George in "Dantons Tod" (1981), in Michael Hanekes "Der siebente Kontinent" (1989) oder in Florian Flickers "Der Überfall" (2000) sowie die Titelrolle in dessen gefeiertem Spielfilm "Suzie Washington" (1997). Darin flieht sie als Ausländerin quer durch Österreich. Die STANDARD-Kritik damals: "Birgit Doll spielt die Frau so, wie sie uns die Umgebung zeigt: skeptisch, sehr konzentriert auf Gelegenheiten wartend, die sich ergeben:"

Am Montag ist Birgit Doll nur 57-jährig nach kurzer, schwerer Krankheit gestorben. (Margarete Affenzeller, 28.10.2015)