Rosetta-Aufnahme des Kometen 67P/Tschurjumow-Gerassimenko ("Tschuri") aus 154 Kilometern Entfernung im Juli 2015.

Foto: ESA/Rosetta/NAVCAM

Bern/Wien – Mithilfe der ESA-Sonde Rosetta konnte zum ersten Mal molekularer Sauerstoff (O2) in der Umgebung eines Kometen gemessen werden – und davon nicht wenig: Wie ein internationales Forscherteam aktuell in "Nature" berichtet, besteht die durch Ausgasungen bei der Annäherung an die Sonne erzeugte Koma von "Tschuri" zu durchschnittlich etwa 3,8 Prozent aus Sauerstoff.

Dank des Massenspektrometers ROSINA konnten die Forscher um Kathrin Altwegg (Uni Bern) und André Bieler (University of Michigan und Uni Bern) den molekularen Sauerstoff in der Kometenkoma aufspüren. Der Fund kommt überraschend, denn bislang ging man davon aus, dass sich das reaktive O2 in der Frühzeit des Sonnensystems mit massenhaft vorhandenem Wasserstoff verband und erst dann von Kometen "aufgesammelt" wurde.

Uralter Baustein

"Wir hätten nie gedacht, dass Sauerstoff Jahrmilliarden überleben kann, ohne sich mit anderen Stoffen zu verbinden", berichtete Altwegg in einer "Nature"-Pressekonferenz. Von anderen eisigen Himmelskörpern wie den Jupiter- und Saturnmonden weiß man schon länger, dass sie molekularen Sauerstoff aufweisen. Dies wird aber durch die Einschläge hochenergetischer Teilchen vom jeweiligen Mutterplaneten erklärt – für Kometen klarerweise keine passende Theorie.

Altwegg und Kollegen vermuten deshalb, dass sich der Sauerstoff schon durch Kollisionen in der molekularen Urwolke entwickelte, aus der das Sonnensystem und zahlreiche weitere Sternensysteme entstanden. Demnach hätte sich O2 schon in das Urmaterial eingelagert, aus dem dann später die Kerne der Kometen entstanden.

"Der Hinweis auf Sauerstoff als uraltes Material wird einige theoretische Modelle über die Bildung des Sonnensystems über den Haufen werfen", kommentierte Altwegg diese Entdeckung. (red, APA, 29.10.2015)