Orangensaft – nicht nur frisch gepresster – ist gesünder als sein Ruf.

Foto: wikipedia/Riki1979/gemeinfrei

Hohenheim – Orangen sind gesund: Neben großen Mengen Vitamin C enthalten sie auch viele Carotinoide und Flavonoide – Antioxidantien, die das Risiko von Krebs und Herz-Kreislauf-Erkrankungen deutlich senken können.

Orangensaft wiederum ist wegen seines hohen Zuckergehalts nicht ganz zu Unrecht in Verruf. Eine Studie von Julian Aschoff, Doktorand am Institut für Lebensmittelwissenschaft und Biotechnologie der Universität Hohenheim in Stuttgart, zeigt nun, dass der Saft besser ist als sein Ruf: Für Carotinoide ist er eine bessere Quelle als die Orange selbst.

Carotinoide aus Saft werden besser aufgenommen

Die zwölf Probanden der Studie verzichteten zunächst zwei Wochen völlig auf Carotinoide, die etwa in Tomaten, Karotten und Spinat enthalten sind. Danach erhielten sie je nach Studiengruppe entweder ein standardisiertes Frühstück mit Orangen oder eines mit pasteurisiertem Orangensaft. Das Ergebnis: Die Probanden aus der Saftgruppe nahmen doppelt so viele Carotinoide auf wie die der Orangengruppe.

Das liege an der Herstellung des Safts, sagt Lehrstuhlinhaber und Studieninitiator Reinhold Carle: "Dabei werden Ballaststoffe wie Pektin oder Cellulose teilweise abgetrennt – Stoffe, die die Absorption von Carotinioiden bei der Verdauung hemmen. In der Orange sind mehr unverdauliche Ballaststoffe enthalten als im Saft, weshalb die Aufnahme der Carotinoide aus der Frucht stark vermindert ist."

Aschoff erklärt einen weiteren Grund: "Beim Zerkauen einer Orange wird die Frucht nie komplett zerkleinert. Viele Zellen bleiben so intakt und schließen die Carotinoide ein. Das erschwert ihre Aufnahme und Verwertung." Die Carotinoide im gepressten Saft hingegen würden vollständig aufgenommen.

Auch Flavonoide aus Saft besser aufnehmbar als aus Orangen

Dass frische Orangen mehr Vitamin C enthalten als der Saft, stimmt zwar, allerdings ist die Differenz laut den Forschern vernachlässigbar. Sie beträgt weniger als zehn Prozent, wie eine Studie Anfang des Jahres gezeigt hat. Die Konzentration von Flavonoiden wiederum wird bei der Saftherstellung deutlich verringert, allerdings werden die im Saft gelösten Flavonoide deutlich besser aufgenommen als die in frischen Orangen, in denen sie zu 90 Prozent als schwerverdauliche ungelöste Feststoffe vorliegen.

"So betrachtet ist eine frische Orange nicht unbedingt wertiger als ein Orangensaft", sagt Aschoff. Und gibt auch Entwarnung auch im Hinblick auf den Zuckerkonsum: Der ist zwar mit rund acht Gramm pro 100 Milliliter tatsächlich hoch, bei einem jährlichen Verzehr von acht Litern Orangensaft pro Kopf und Jahr in Deutschland bestehe aber kein Anlass zur Sorge. (Florian Bayer, 3.11.2015)