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Schwules Paar mit Kind – das sie ab kommendem Jänner auch gemeinsam adoptieren können.
Wien – Ab kommendem Jahr steht lesbischen und schwulen Paaren in Österreich auch die gemeinsame Adoption eines Kindes offen. So hat es der Verfassungsgerichtshof im Jänner 2015 entschieden – und hatte dem Gesetzesgeber eine Reparaturfrist bis 31. Dezember gewährt.
Seither warteten Gerichte, Anwälte und Homosexuellenverbände auf einen Gesetzesänderungsvorschlag, um den Höchstgerichtsspruch umzusetzen. Doch den wird es nicht geben: Weil das Justizministerium, um das bisherige Adoptionsverbot aufzuheben, keine legistische Änderung für nötig hält.
Ministerium: "Gute Regelung"
Jede Adoption werde ohnehin individuell geprüft und setze eine pflegschaftsrechtliche Genehmigung voraus, heißt es dort. Auch werde bei der Adoption Minderjähriger immer auch die Jugendwohlfahrt eingeschaltet, die die Adoption aus Sicht des Kindeswohls zu beurteilen hat. Insgesamt sei dies eine "gute Regelung".
Das findet auch Christian Högl, Obmann der Homosexuellen Initiative (Hosi) Wien: "Das ist sehr gut. Jeder Versuch, neue Regeln zu definieren, hätte nur dazu geführt, auch neue Barrieren aufzubauen", sagte er im Gespräch mit dem STANDARD. In der Praxis, meint er, würden angesichts der nur wenigen Kinder, die in Österreich zur Adoption freigegeben werden, ohnehin weiter heterosexuelle Paare vorgereiht werden.
"Auf ersten Blick großzügig"
Genau das wäre nicht im Sinne des VfGH-Spruchs, meint die Wiener Anwältin Doris Einwallner, die unter anderem den Verein Familien andersrum Österreich (Famos) berät, der sich für die Unterstützung und Vernetzung von Regenbogenfamilien einsetzt. "Der Beschluss des Justizministeriums, keine neue Regelung zu planen, wirkt auf den ersten Blick sehr großzügig", sagte sie im Gespräch mit dem STANDARD.
Dennoch gebe es "noch näher zu untersuchende Fragen". Etwa, ob aus dem Umstand heraus, dass es allein bei der vom VfGH beschlossenen Streichung jener Gesetzesstellen bleiben soll, die lesbische und schwule Paare bisher von der Adoption ausgeschlossen haben, "negative Wirkungen" für adoptionswillige Frauen- oder Männerpaare zu erwarten seien. Diesbezüglich müsse man sich besonders die Bestimmungen des Allgemeinen bürgerlichen Gesetzbuches (ABGB) anschauen, die definieren, wer im Fall einer Adoption für das Kind an Vaters und Mutters statt tritt.
Graupner: Kinder zweiter Klasse
Auch, so Einwallner, sei in diesem Zusammenhang zu erwägen, was das weiter bestehende Heiratsverbot für Homosexuelle für Folgen habe: eine Frage, die auch für den Wiener Anwalt und Homosexuellenaktivisten Helmut Graupner zentral erscheint: "Solange in Österreich die absurde Situation besteht, dass schwulen und lesbischen Paaren zwar die Adoption, aber nicht die Ehe offensteht, werden den betroffenen Kinder wichtige Rechte vorenthalten: ein gleichheitswidriger Zustand", sagt er.
"Vorsichtig zustimmend" zu den ministeriellen Plänen äußert sich unterdessen der grüne Justizsprecher Albert Steinhauser: "Wir werden das aber ebenfalls noch genauer prüfen", sagte er. (Irene Brickner, 30.10.2015)